Inklusive Wohngemeinschaften und Wohnprojekte
Inklusive WGs
In inklusiven Wohngemeinschaften (WGs) leben Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Jede*r hat ein eigenes Zimmer. Küche und weitere Gemeinschaftsräume werden üblicherweise geteilt. Es gibt, wie bei Student*innen-WGs, viele verschiedene Formen und Zusammensetzungen. Einige inklusive WGs werden durch Vereine oder Wohlfahrtverbände getragen, andere sind privat. Manchmal unterstützen die Bewohner*innen ohne Behinderung ihre behinderten Mitbewohner*innen und können so ihre Miete reduzieren. Das heißt: Sie helfen im Haushalt und bei der Assistenz für ihre Mitbewohner*innen mit Behinderung.
Oft wohnen sie für die Dauer ihres Studiums oder einer anderen Ausbildung in den WGs. Manchmal bleiben sie auch länger. Für die Pflege und Betreuung von Mitbewohner*innen mit Behinderung erhalten die inklusiven WGs darüber hinaus oft Hilfe durch sozialpädagogische Fachkräfte und Pfleger*innen im Freiwilligendienst. In den meisten Fällen handelt es sich bei inklusiven WGs nicht um Zweck-WGs, es wird also viel Wert auf eine gute Balance zwischen Gemeinschaft und Privatsphäre gelegt.
Beispiele für inklusive Wohngemeinschaften:
Die WG „6plus4“ in Dresden, in der zehn junge Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Die WG in München Riem, in der sechs ältere Menschen mit Behinderung gemeinsam mit vier jüngeren nicht behinderten Menschen wohnen.
Eine inklusive WG gründen
Inklusive Wohnanlagen
In inklusiven Wohnanlagen leben alte und junge Menschen mit und ohne Behinderung Tür an Tür. Jede Mieterin und jeder Mieter hat eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und Bad. Mindestens ein Teil der Wohnungen ist für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar und barrierefrei oder barrierearm. Auch ambulante Dienste und Betreuer*innen sorgen dafür, dass die Bewohner*innen mit Unterstützungsbedarf ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung führen können.
Gemeinsame Treffpunkte in der Wohnanlage sind Nachbarschafts-Cafés und Räume, in denen Filmabende oder andere Veranstaltungen stattfinden. Diese Räume stehen auch Besucher*innen aus der Gemeinde offen. So kann ein Austausch unter den Bewohner*innen und mit Menschen aus der Kommune entstehen. Träger solcher inklusiver Wohnanlagen sind neben Wohlfahrts-Organisationen und Vereinen der Behindertenhilfe auch Kommunen oder Wohnungsunternehmen aus der Privatwirtschaft.
Beispiele für inklusive Wohnanlagen:
Gemeinschaftliches Wohnen in Selbstverwaltung
Bei selbstverwalteten inklusiven Wohnprojekten schließen sich die zukünftigen Bewohner*innen zusammen, zum Beispiel um eine Haus- und Hofgemeinschaft auf dem Land zu starten. Oft gründen die zukünftigen Bewohner*innen für ihr Wohnprojekt eine Bürger*innengenossenschaft oder einen Dorfverein. Sie selbst tragen meistens nur einen Teil der Kosten. Der übrige Teil stammt aus Fördermitteln, zum Beispiel aus Bundesmitteln oder Landesmitteln oder von Stiftungen oder von Sozialorganisationen wie der Aktion Mensch.
Meist dienen leerstehende Gebäude als Wohnraum, zum Beispiel ehemalige Schulen, Hotels oder Bauernhöfe. Durch Umbau entstehen dort barrierefreie Wohnungen und Gemeinschaftsräume. Die Versorgung, Betreuung und Pflege der Bewohner*innen mit Behinderung übernehmen Dienstleister*innen aus der Region.
Beispiele für selbstverwaltete inklusive Wohnprojekte:
Was sind Clusterwohnungen?
Inklusive Quartiersentwicklung
Inklusive Quartiere werden so geplant, dass dort alle zukünftigen Bewohner*innen gleichberechtigt am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Unabhängig vom Alter, von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft, ihrer körperlichen und geistigen Verfassung oder ihren Fähigkeiten. Immer mehr Quartiere entstehen mit diesem Ziel.
Bei der inklusiven Quartiersentwicklung arbeiten Kommunen meist mit verschiedenen Vereinen und Organisationen zusammen. Wichtig ist, dass die späteren Bewohner*innen bei der Planung mitreden dürfen und dass es einen Anteil an barrierefreien Wohnungen gibt. Öffentliche Räume, Straßen und Plätze sind ebenfalls weitgehend barrierefrei begehbar. In der Regel liegen inklusive Quartiere in Großstädten.
Beispiele für inklusive Quartiersentwicklung:
Bin ich für ein Leben in einer WG oder einem Wohnprojekt geeignet?
Diese Frage können Sie letztlich nur für sich selbst beantworten. Aber wenn Sie
- gerne mit anderen Personen zusammenleben
- Vielfalt als etwas Bereicherndes empfinden
- sich gegenseitig unterstützen möchten
- und vom Miteinander von Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten profitieren wollen:
Dann können inklusive Wohnprojekte das Richtige für Sie sein. Wichtig ist allerdings, sich Zeit zu lassen, um die richtige Wohnform und die passenden Mitbewohner*innen zu finden.
Wie finde ich Hilfe und Beratung?
- Die Initiative Wohn:Sinn unterstützt die Gründung inklusiver Wohnprojekte und hat hilfreiche Tipps und Checklisten zusammengestellt: Zum Beispiel, wie Sie Mitbewohner*innen finden, wie Sie eine gute Anzeige schreiben können und wo Sie Ihr Gesuch verbreiten können. Außerdem hat Wohn:Sinn eine Landkarte mit inklusiven Wohnprojekten erstellt.
- Anlaufstellen vor Ort sind darüber hinaus zum Beispiel die Beratungsstellen der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) und die Zentren für selbstbestimmtes Leben .
- In Baden-Württemberg gibt es außerdem eine Anlaufstelle für ambulant unterstützte Wohnformen .
- In Bayern bekommen Sie über die digitale Wohnberatung des Kompetenzzentrum Barrierefreies Wohnen einen Überblick über die Beratungsangebote zu Wohnungsanpassung. Zudem gibt es hilfreiche weiterführende Informationen zu Finanzierung und Hilfsmitteln.
- Nach weiteren Adressen und Beratungsstellen in Ihrer Nähe können Sie auch in der Adressdatenbank des Familienratgebers recherchieren.
Gibt es finanzielle Hilfen?
Menschen mit Behinderung, die eigenständig leben möchten – zum Beispiel in einer inklusiven WG –, können für ihre persönliche Unterstützung im Alltag Mittel der Eingliederungshilfe beantragen. Darüber hinaus gibt es auch Möglichkeiten, Fördermittel für die Gründung inklusiver Wohnprojekte zu erhalten. Für gemeinnützige Organisationen ist die Förderung der Aktion Mensch eine gute Anlaufstelle. Die Plattform WIN für Gemeinschaftliches Wohnen hat darüber hinaus eine Förderdatenbank für Projekte Gemeinschaftlichen Wohnens aufgebaut.