Luftgewehr- und Bogenschießen für Menschen mit Sehbehinderung
Sportschießen für blinde und sehbehinderte Menschen, das soll bald in ganz Sachsen-Anhalt möglich sein – jedenfalls, wenn es nach Frank Brehmer und dem Verein barriereloses Umfeld (VBU) in Magdeburg geht: „Wir vom VBU vermitteln Sportangebote für Menschen mit Behinderung“, so Brehmer, „für unser Sportprojekt Schießen für blinde Menschen stellen wir den Kontakt zwischen interessierten Sport- und Schützenvereinen, Übungsleiter*innen und Sportler*innen mit einer Sehbehinderung her, die einmal das Schießen ausprobieren möchten.“
Auf dem Weg zum inklusiven Schießprojekt
Die Idee für das Sportschießprojekt hatte Brehmer nach einem Luftgewehrworkshop für Menschen mit Sehbehinderung im Jahr 2017. „Ich fand, dass Luftgewehrschießen eine tolle Sportart ist, habe jedoch gesehen, dass zwar immer wieder Workshops für blinde und sehbehinderte Menschen angeboten werden, es in Sachsen-Anhalt aber keine Vereine mit einem regulären Angebot gibt. Das wollte ich ändern und die Sportart auch hier bei uns bekannt machen.“ Gemeinsam mit dem VBU begann Brehmer, Schützenvereine anzusprechen, ein Konzept für das Projekt zu entwickeln und einen Förderantrag bei der Aktion Mensch auszuarbeiten. Gleichzeitig fuhr er mit seinem Projektteam zu Schießständen in Niedersachsen und Berlin, die bereits Erfahrung mit barrierefreien Angeboten hatten. „Wir haben erst einmal viele Informationen gesammelt, geschaut, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen und ob wir das auch leisten können. Gleichzeitig haben wir uns über die benötigten Gelder und Hilfsmittel informiert und sind zu vielen Schützenvereinen und Workshops in anderen Regionen Deutschlands gefahren, bis wir wussten: Das können wir umsetzen.“
Nachdem die Covid-19-Pandemie den Start des Projekts zunächst verzögerte, kann es 2022 losgehen: So bildet der VBU Übungsleiter*innen aus und schafft die Technik an, die für barrierefreie Schießstände benötigt wird. Ein erster Kooperationspartner ist auch schon gefunden: Die Schützengilde Wanzleben e. V. bietet in Kooperation mit dem VBU ab Januar 2022 barrierefreies Schießen für Menschen mit und ohne Behinderung an. Brehmer hofft, in mindestens fünf Städten in Sachsen-Anhalt dauerhaft Vereine zu ermutigen, inklusives Schießen anzubieten.
Inklusion im Sport beginnt mit Offenheit
Wenn er neue Vereine anspricht, trifft Brehmer häufig auf anfängliches Erstaunen. „Viele sind überrascht, dass man als blinder oder sehbehinderter Mensch eine solche Sportart ausüben kann. Wir kommen dann zu ihnen und erklären, wie alles funktioniert. Ich habe mich zum Beispiel vor Kurzem mit einem Schützenverein zusammengesetzt, der grundsätzlich offen für Inklusion ist und auch schon Mitglieder mit körperlichen Behinderungen hat. So eine Offenheit wünsche ich mir noch bei vielen weiteren Vereinen.“
In Gesprächen wie diesem kann Brehmer den Vereinsvertreter*innen viele ihrer Sorgen nehmen. „Viele sehen Probleme, wo es eigentlich keine gibt, und machen sich zum Beispiel Sorgen über fehlendes Personal. Doch wir haben mittlerweile genügend Übungsleiter*innen ausgebildet, die die Vereine im Land unterstützen können. Zusätzlich findet sich in fast jedem Verein jemand, der Teil des Projekts werden und sehbehinderte Menschen anleiten möchte. Das ist eine super Zusammenarbeit zwischen Sehenden und Menschen mit Sehbehinderung, aus der viele schöne Kontakte entstehen.“
So ist Brehmers Plädoyer für jeden Verein, der noch kein inklusives Angebot hat: „Es ist so hilfreich, einfach ohne Vorurteile an die Sache heranzugehen. Es gibt ganz viele Dinge, die man als Mensch mit Behinderung machen kann, auch wenn sie vielleicht erst einmal überraschen. Ich wünsche mir, dass sich viel mehr Sportvereine in Zukunft nicht mehr abkapseln und offener für Inklusion werden. Denn wenn ein Verein offen ist, funktioniert das auch.“