Arbeiten mit Arbeitsassistenz
Inhaltsverzeichnis
Was ist Arbeitsassistenz?
Arbeitsassistenz erhalten Menschen mit Behinderung, die im Arbeitsalltag Unterstützung benötigen, um ihre Aufgaben erledigen zu können. Arbeitsassistent*innen helfen ihnen dabei, die Nachteile auszugleichen, die durch ihre Behinderung entstehen. Sie reichen ihnen zum Beispiel Arbeitsmaterialien an, die sie allein nicht erreichen können. Sie stehen als Gebärdensprachdolmetscher*innen zur Verfügung oder lesen Texte vor.
Die Aufgaben, die Arbeitsassistent*innen übernehmen, sind ganz unterschiedlich. Menschen mit Behinderung können so in ihrem erlernten Beruf und ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiten. Die Arbeitsassistenz erledigt also nicht die eigentliche Arbeit, sondern sie ermöglicht es Menschen mit Behinderung, diese selbst zu machen.
Arbeitsassistenz für Menschen mit Behinderung wird mit Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert, die Unternehmen zahlen müssen, die weniger als fünf Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten Beschäftigten besetzt haben. Ausgezahlt werden die Gelder für Arbeitsassistenz durch die Integrationsämter.
Wer hat ein Recht auf Arbeitsassistenz?
Um Arbeitsassistenz beantragen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Sie müssen einen Grad der Behinderung von 50 (oder gleichgestellt ) haben.
- Sie müssen bei Ihrer Arbeit dauerhaft und in erheblichem Umfang auf Unterstützung angewiesen sein.
- Technische Hilfsmittel und eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes allein reichen nicht aus, damit Sie Ihre Arbeit erledigen können.
- Auch die Unterstützung, die Arbeitgeber*innen zur Verfügung stellen können, ist nicht ausreichend.
- Sie müssen mindestens 15 Stunden pro Woche angestellt oder selbstständig arbeiten. Falls Sie in einem Inklusionsunternehmen arbeiten, müssen Sie mindestens 12 Stunden pro Woche tätig sein.
Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderung, die Arbeitsassistenz benötigen, seit dem Jahr 2000 auch einen Rechtsanspruch darauf. Arbeitsassistenz ist somit als wichtiger Baustein der beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderung anerkannt worden. Sie ermöglicht und erleichtert es Betroffenen, Jobs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden.
Beispiele für Hilfe durch Arbeitsassistenz
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Scannen, kopieren oder faxen
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Akten reichen, Seiten umschlagen
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Headset aufsetzen
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Texte für den schwerbehinderten Menschen vorlesen oder scannen
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Begleitung auf dem Weg zur Arbeit oder auf Dienstreisen
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Gebärdensprach- oder Schriftdolmetschung
Wie kann ich Arbeitsassistenz beantragen?
Schwerbehinderte Arbeitnehmer*innen oder Selbstständige können einen Antrag auf Arbeitsassistenz beim zuständigen Integrationsamt in ihrer Nähe stellen. Die Kosten werden dann in der Regel von der Agentur für Arbeit (bei einem neuen Arbeitsverhältnis) oder vom Inklusionsamt (bei einem bereits länger bestehenden Arbeitsverhältnis) übernommen.
Wird Ihr Antrag auf Arbeitsassistenz bewilligt, erhalten Sie einmal im Monat einen bestimmten Betrag, mit dem Sie Ihre Arbeitsassistent*innen bezahlen können.
Erfahrung aus der Praxis
Julia Brück (27) aus Bonn arbeitet mit Arbeitsassistenz als Kauffrau für Büromanagement im Bürgerservice der Bundeszentrale für politische Bildung.
„Bei der Bundeszentrale für politische Bildung bearbeite ich seit zweieinhalb Jahren verschiedene Anfragen von Bürger*innen. Viele haben zum Beispiel Fragen zu Publikationen oder Förderprogrammen, die ich per Mail, Telefon oder Post beantworte.
Ich lebe mit einer Cerebralparese und nutze einen Rollstuhl. Die Assistent*innen kommen schon morgens zu mir nach Hause. Sie helfen mir dabei, Frühstück und Essen für die Arbeit zu machen, packen meinen Rucksack und begleiten mich zum Arbeitsplatz. Dort unterstützen sie mich, indem sie zum Beispiel den Laptop aufbauen, meine Tasche auspacken, Bildschirme einschalten, Mitschriften bei Meetings machen oder mir zwischendurch bei Wegen im Haus helfen.
Insgesamt sind fünf Assistent*innen abwechselnd tätig. Ein Assistenzdienst unterstützt mich. Er übernimmt unter anderem viel Bürokratie und sucht Assistent*innen für mich. Wenn sich jemand bewirbt, bekomme ich den Bewerberbogen zugeschickt und mache auch die Vorstellungsgespräche. Das ist wichtig, denn die Chemie zwischen uns muss ja stimmen. Leider wurde nicht für meine gesamte Arbeitszeit Arbeitsassistenz bewilligt, sodass ich zwischendurch immer Stunden überbrücken muss.
Arbeitsassistenz erleichtert mir das Leben. Ich kann Aufgaben abgeben, die mir schwerfallen, und mich darauf konzentrieren, was ich wirklich kann. Ich denke, man sollte die eigenen Wünsche und Ziele nicht aufgeben. Auch, wenn einem die Behörden oftmals Steine in den Weg legen. Es lohnt sich, dranzubleiben und die eigenen Rechte einzufordern.“
Wie organisiere ich das Arbeiten mit Assistenz?
Wer Anspruch auf Arbeitsassistenz hat, bekommt ein Persönliches Budget. Mit diesen Mitteln können Sie die Arbeitsassistent*innen bezahlen. Sie sind selbst dafür zuständig, sich Arbeitsassistenz zu beschaffen. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, dies zu organisieren:
- Sie nutzen das Arbeitgebermodell: Das heißt, Sie suchen selbst Arbeitsassistent*innen aus und stellen sie ein. Somit werden Sie zum Arbeitgeber oder zur Arbeitgeberin. Vorteil: Sie können Ihre Assistent*innen selbst auswählen. Allerdings sind Sie auch verantwortlich für eine ganze Menge Bürokratie wie Einstellungsgespräche, Lohnabrechnungen, Urlaubs- und Vertretungspläne usw.
- Sie wählen das Dienstleistermodell: Sie können auch die Hilfe von Assistenzdienstleistern in Anspruch nehmen. Diese Dienste übernehmen die Organisation der Assistenz. Zum Beispiel das Einstellen der Assistent*innen, die Bezahlung und die Abrechnung mit den Leistungsträgern. Vorteilhaft bei diesem Modell ist, dass Sie weniger Verwaltungsaufwand haben. Andererseits haben Sie nicht immer die Möglichkeit, die Auswahl der Arbeitsassistenz mitzugestalten.
- Sie entscheiden sich für das Abtretungsmodell: Das Persönliche Budget wird dann an den eigenen Arbeitgeber/ die eigene Arbeitgeberin abgetreten, die davon Ihre Arbeitsassistenz organisieren und bezahlen. Der Vorteil ist auch hier ein geringerer Verwaltungsaufwand für Sie. Außerdem kann es Konflikten vorbeugen, wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin entscheidet, wer als Arbeitsassistenz ins Haus kommt. Allerdings haben Sie auch hier weniger Mitbestimmungsmöglichkeiten, wer sie bei der Arbeit unterstützen soll.
Wer kann als Arbeitsassistenz arbeiten?
Arbeitsassistent*innen benötigen für ihre Tätigkeit in der Regel keine spezielle Ausbildung. Es sei denn, Menschen mit Behinderung benötigen besondere Kenntnisse, beispielsweise Gebärdensprach-Dolmetschen. Die Kostenträger bewilligen für Arbeitsassistent*innen in der Regel eine „ortsübliche Entlohnung“, meist auf der Basis der Entgeltgruppe 3 oder 4 Stufe 1 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).
Hilfe und Beratung
Wo finde ich Arbeitsassistent*innen?
Sie möchten Ihre Arbeitsassistenz nach dem Arbeitgebermodell selbst einstellen?
Dazu gibt es beispielsweise diese Plattformen:
Auch auf regionalen Assistenz-Portalen, auf allgemeinen Job-Plattformen oder bei der Agentur für Arbeit kann man nach Arbeitsassistenz suchen oder selbst Gesuche aufgeben.
Sie möchten die Hilfe von Assistenzdienstleistern in Anspruch nehmen?
Auf diesen Portalen können Sie zum Beispiel eine Auswahl an Anbietern finden:
Wo finde ich Beratung zum Thema?
- Bei den Integrationsämtern werden Sie zum Thema beraten und erhalten Unterstützung bei der Beantragung von Arbeitsassistenz. Auf der Website der Integrationsämter können Sie nach dem passenden Amt in Ihrer Nähe suchen.
- Weitere Anlaufstellen sind beispielsweise die Agentur für Arbeit oder die Jobcenter.
- Sie können sich auch an eine EUTB-Beratungsstelle in Ihrer Nähe wenden.
- Weitere Infos zu Behörden, Ämtern und Beratungsstellen zum Thema Arbeit mit Behinderung finden Sie im Familienratgeber der Aktion Mensch .