Die Studie im Überblick
Vom 28. August bis zum 8. September 2024 stand Paris im Zeichen der paralympischen Spiele. Rund 4.400 Para-Sportler*innen aus 180 Ländern sind in 22 Sportarten in den Wettkampf gegangen. Medien erstatteten Bericht, Menschen verfolgten die Paralympischen Spiele mit Spannung am Fernseher und mehr als 2,5 Millionen besuchten die Wettkämpfe live vor Ort in Paris. Es liegt klar auf der Hand: Sport verbindet. Doch was bewirken die Spiele und was bleibt davon im Nachgang erhalten? Sind Menschen mit Beeinträchtigung und der inklusive Sport dann nach wie vor im Fokus? Hat sich die Wahrnehmung dieser Menschen und des Sports maßgeblich geändert? Dieser und weiteren Fragen sind die Aktion Mensch und die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen unter dem Titel “Paralympische Spiele und Inklusion – Wie die Paralympics Paris 2024 die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Beeinträchtigung beeinflussen” nachgegangen.
Vor, während und nach den Paralympischen Spielen wurden repräsentative Online-Befragungen mit drei Zielgruppen durch das Sozialforschungsinstitut Ipsos durchgeführt. Befragt wurden:
- 143 für die Paralympischen Spiele 2024 qualifizierte Athlet*innen
- 700 Menschen aus der Bevölkerung ab 16 Jahren (Bevölkerungspanel)
- 300 Menschen mit Beeinträchtigung aus der Bevölkerung ab 16 Jahren (Teilhabe-Community).
Bei der Befragung standen vor allem drei Themenbereiche im Fokus:
- Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Teilhabe
- Die Paralympics und Inklusion
- Die Paralympics und Medien
Dabei heraus kamen wichtige Erkenntnisse, eine deutliche Innen- und Außenperspektive sowie Handlungsempfehlungen für die Zukunft.
Die zentralen Ergebnisse:
Unterschiedliche Innen- und Außenansicht
Ich wünsche mir, dass der Parabereich immer weiter in die Gesellschaft integriert wird.
Die wichtigsten Zahlen im Überblick
Vorbilder ja, mehr Chancen nein

Es ist wichtig, die positive Wirkung der Paralympischen Spiele für den inklusiven Breitensport zu nutzen und barrierefreie Sportangebote bereits für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Nur wenn wir Inklusion im Sport von Anfang an fördern und leben, stärken wir junge Menschen und beugen Diskriminierung aktiv vor.

Klarer Wunsch: Mehr Berichterstattung
Die Berichterstattung über die Paralympics löst bei der Hälfte der Befragten Freude aus, die im Verlauf der Spiele steigt. 40 Prozent der Bevölkerung gaben dabei an, dass sie während der Paralympics eine genauso umfassende Berichterstattung erleben wie bei den Olympischen Spielen. Dennoch: Gewünscht ist eine deutlich umfangreichere Berichterstattung, um die Sichtbarkeit und das Verständnis für die Paralympics zu erhöhen. Das Fernsehen ist dabei das beliebteste Medium. Was auffällt: Die meisten Befragten bewerten einige Aspekte während der Spiele positiver als davor und danach. Das könnte mit der Berichterstattung während der Paralympics zusammenhängen. Die Vermutung: Die Euphorie während der Spiele und der Berichterstattung ist nicht nachhaltig und flacht schnell ab.
Ich wünsche mir auch nach den Spielen mediale Berichterstattung über unsere Sportarten.
Behindertenbeauftragter Jürgen Dusel zur Studie
"Sport verbindet, und zwar über die Grenzen von sozialem Status, Herkunft und auch die Frage einer Behinderung hinaus. Im Sport können wir gemeinsame Erfolge feiern, uns anfeuern und vielleicht auch trösten, wenn es kein Platz auf dem Siegerpodest wurde. Und der Sport verschafft auch Sportlerinnen und Sportlern mit Behinderungen mehr Sichtbarkeit. Kurzum: Sport kann ein Motor sein, auch für die Inklusion!
Im Sommer 2024 habe ich die Paralympics in Paris verfolgen dürfen, ein Jahr zuvor hatten wir die Special Olympics in Berlin zu Gast. Dass wir als Gesellschaft von solchen Sport-Ereignissen profitieren, belegen auch einige Ergebnisse dieser Studie. So gaben viele Befragte aus der Bevölkerung an, dass sie die Parasportlerinnen- und sportler als Vorbilder sehen. Das spricht für die Paralympics und ihr großes Medienecho: Menschen mit Behinderungen und ihre Leistungen finden statt und werden gewürdigt. Das ist ermutigend!
Doch leider kann man nicht nur ein positives Bild zeichnen. Weniger als die Hälfte der Parasportlerinnen und –sportler in dieser Studie sieht die Paralympischen Spiele als Teil des Olympischen Sports. Fragt man hingegen die allgemeine Bevölkerung danach, zeigt sich eine viel positivere Einschätzung. Dieser eklatante Unterschied zwischen der Außen- und der Innensicht zieht sich wie ein roter Faden durch die Untersuchungsergebnisse und scheint symptomatisch zu sein.

Menschen mit Behinderungen und ihre Leistungen finden statt und werden gewürdigt. Das ist ermutigend!
Viele Verpflichtungen, die sich für Deutschland durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben, sind bislang nicht umgesetzt worden. Von der vollumfänglichen gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen kann nicht die Rede sein. Auch der Fachausschuss der Vereinten Nationen, der 2023 die Fortschritte Deutschlands in der Umsetzung der UN-BRK unter die Lupe genommen hat, konnte hier nur ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Ist es dann ein Wunder, wenn die befragten Parasportlerinnen und -sportler die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung im Sport und darüber hinaus in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens viel kritischer sehen?
Der Weg, den wir noch zurücklegen müssen, um Inklusion auch im Sinne der UN-BRK umzusetzen, ist noch weit, und die Stimmungslage, die diese Studie einfängt, belegt das. Aber sie zeigt auch, dass die Rolle des Sports, und hier denke ich auch an den Breitensport jenseits olympischer Disziplinen, sehr wichtig ist für die Inklusion, denn er gibt uns die Möglichkeit zur Begegnung und zum Umdenken. Aber wir brauchen viel mehr davon: In der Schule, am Arbeitsplatz, in der Kultur, überall muss es normal sein, dass wir die Dinge gemeinsam tun und dafür endlich Barrieren abbauen - das wird auch die Aufgabe der neuen Bundesregierung sein."
Denise Schindler: "Die Paralympics bringen den Stein ins Rollen"

Denise Schindler, ehemalige Para-Radsportlerin und TV-Expertin, spricht mit uns im Interview darüber, wie wichtig die Paralympics für die Inklusion im Sport sind. Es geht um die Bedeutung der Spiele für die Inklusion im Breitensport und die Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Aber auch darum, dass ein einzelnes Event nicht ausreicht, sondern eher einen Stein ins Rollen bringt. Wie dieser Stein ins Rollen kommt, wo er hin rollen sollte und wie Denise Schindler als Expertin die mediale Aufmerksamkeit der Paralympics bewertet, erfahren Sie im Interview.

Studie "Paralympische Spiele und Inklusion – Wie die Paralympics Paris 2024 die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Beeinträchtigung beeinflussen"
- Veröffentlicht: 09. April 2025
- 56 Seiten
- Haupterkenntnisse und Fazit in Einfacher Sprache vorhanden
- Dateigröße: 1,06 MB
Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
Studienleiterin Prof. Dr. Sina Eghbalpour im Interview
