Das wir gewinnt
Ein Rollstuhlfahrer und zwei Frauen sitzen an einem Tisch und lächeln in die Kamera.

Selbstbestimmt leben: Inklusive WG in Dresden

Zusammen kochen, quatschen, lachen und Sorgen teilen – in der inklusiven WG „6plus4“ in Dresden lebt Pierre Zinke zusammen mit weiteren neun jungen Menschen mit und ohne Behinderung. Bereichernd finden das alle. Während sich für die Mitbewohner*innen mit Behinderung der Traum vom selbstbestimmten Wohnen erfüllt, profitieren auch die Mitbewohner*innen ohne Behinderung vom Leben in der besonderen Gemeinschaft.

Pierre Zinke wohnt in einer inklusiven Wohngemeinschaft:

Name des Wohnprojekts: Inklusive WG "6plus4"

Wer wohnt hier? 10 junge Menschen mit und ohne Behinderung

Wohnform: selbstorganisierte Wohngemeinschaft

Ort: Dresden

Betreuung: ambulanter Assistenz- und Pflegedienst

 

Das Miteinander ist Pierre besonders wichtig

Pierre Zinke freut sich auf das Leben in der inklusiven WG. Er hat gerne viele Menschen um sich, mit denen er den Alltag gemeinsam gestalten kann. In der "6plus4" WG leben sechs Bewohner*innen mit Behinderung zusammen mit 4 Bewohner*innen ohne Behinderung. Gemeinsam organisieren sie selbstständig ihren Alltag.

Der Assistenzdienst der Lebenshilfe Dresden und ein Pflegedienst sorgen für Unterstützung und Pflege. Die Bewohner*innen ohne Behinderungen übernehmen ebenfalls im geringen Maße Assistenzaufgaben und zahlen deswegen weniger Miete. Trotzdem bleiben sie zuallererst Mitbewohner*innen. „Ich bin ein Kumpel und Freund, den man ansprechen kann“, sagt Mitbewohner Max Lippert. Finanziert wird die Assistenz über das Persönliche Budget.

So funktioniert die Selbstverwaltung der inklusiven WG in Dresden

Entstanden ist die WG durch das Engagement der Bewohner*innen und von Eltern, die sich als gesetzliche Betreuer*innen dafür eingesetzt hatten, den Traum des inklusiven Wohnens zu verwirklichen.

Im Herbst 2017 konnte die WG nach vier Jahren Vorbereitungszeit in ihre neu gebauten Räumlichkeiten einziehen. „6plus4“ war damit die erste selbstverwaltete WG in Sachsen. Denn die Wohngemeinschaft wird von keinem Träger, sondern von den Eltern und Bewohner*innen selbst getragen. Sie haben sich als Auftraggeber-Gemeinschaft zusammengeschlossen und führen darüber die Geschäfte der WG. Außerdem vertreten die Mitglieder gemeinsam die Interessen der WG-Bewohner*innen gegenüber Dritten wie Krankenversicherung, Pflegedienst oder Stadt. Sie setzen sich für die Rechte der Bewohner*innen ein und definieren gemeinsam Ziele und Regeln für das Zusammenleben.

 

Drei junge Menschen stehen neben einander auf dem Bürgersteig. Einer von ihnen sitzt im Rollstuhl.

Das Schöne an einer WG ist, dass man miteinander leben kann.

Pierre genießt es, seinen Alltag mit Menschen zu teilen.

Tipp: Genug Vorlaufzeit einplanen

Vor der Gründung der WG hatten Mitarbeiter*innen der Lebenshilfe im Rahmen eines Modellprojekts die künftigen Mitbewohner*innen beraten und begleitet. Bei einem Stammtisch konnten sich Gleichgesinnte kennenlernen. Außerdem gab es Workshops zur persönlichen Zukunftsplanung, bei denen sie ihre eigenen Wohnwünsche ergründen konnten.

Der Auszug von zu Hause oder aus Wohngruppen in die WG war dann die Feuerprobe: Würde das selbstbestimmte Zusammenleben gelingen? Aus Sicht der Bewohner*innen heißt die Antwort: Auf jeden Fall! Selbstbestimmt leben und wohnen, das bedeutet für René Press zum Beispiel: „Ich kann selber entscheiden, wann ich abends ins Bett gehe. Ich bin auch schon mal um 1 Uhr ins Bett gegangen. Es sind ja eigentlich keine Betreuer, sondern Assistenten in der WG. Sie assistieren uns. Sie bestimmen nicht. Ich kann selber entscheiden.“

Einblicke in den WG-Alltag 

Wie der Alltag der Bewohner*innen der inklusiven WG „6plus4“ aussieht, zeigt ein Film der Ostsächsischen Sparkasse, über deren Crowdfunding-Plattform die Küche der Wohngemeinschaft angeschafft werden konnte.

Die inklusive WG „6plus4“ aus Dresden ist Mitglied bei WOHN:SINN. Der Verein setzt sich für mehr inklusive Wohnangebote im deutschsprachigen Raum ein. Er versteht sich als Bündnis, um die Wohnsituation von Menschen mit Behinderungen nachhaltig zu verändern. Das Ziel: Mehr Menschen sollen in den Genuss der „ganz besonderen Lebensqualität“ von inklusiven Wohnformen kommen – egal, ob sie eine Behinderung haben oder nicht. 

Menschen mit und ohne Behinderung sitzen an einem Tisch und lächeln in die Kamera.

Wohnen wie Pierre: So klappt es

Wer übernimmt die Kosten? 

Abhängig von der Behinderung kommen verschiedene Träger in Frage:

  • Die Unfallversicherung, wenn die Behinderung die Folge eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit ist.
  • Die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter, wenn der Umzug in einem Zusammenhang mit einer beruflichen Reha steht.
  • Das Integrationsamt oder Inklusionsamt, wenn es um Teilhabe am sozialen Leben geht.
  • Die Pflegekassen, wenn es um Zuschüsse zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds geht.

Wenn Sie nur ein geringes Einkommen haben, können Sie bei Ihrer Stadt oder Ihrem Kreis Wohngeld beantragen. Bundesweit gültige Informationen finden Sie hier: https://www.wohngeld.org/antrag/

Wo bekomme ich Beratung und Unterstützung?

Die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) hat Beratungsstellen in ganz Deutschland. Die Ansprechpartner*innen haben selbst eine Behinderung. Sie kennen sich gut aus und haben Kontakte zu allen relevanten Stellen. Hier finden Sie die EUTB in Ihrer Nähe: https://www.teilhabeberatung.de/beratung/beratungsangebote-der-eutb

Das bundesweite Projekt WOHN:SINN bietet in seinen vier Regionalstellen ebenfalls persönliche Beratung zu inklusiven Wohnprojekten an: https://www.wohnsinn.org/unser-angebot/beratung

Menschen mit kognitiven Einschränkungen können sich an die Lebenshilfe wenden: https://www.lebenshilfe.de/informieren/wohnen

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