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Die Beine einer Frau gehen mit einem Rollator eine Rampe an einem Hauseingang hoch.
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Barrierefreie Wohnung - oft eine Ausnahme

In Deutschland gibt es viel zu wenig barrierefreie Wohnungen. Eine Herausforderung für ein selbstbestimmtes Leben.
Tipps für die Wohnungssuche

Eine barrierefreie Wohnung finden wird zur Herausforderung

Eine barrierefreie Wohnung zu finden, ist in Deutschland immer noch eine Herausforderung. Und dass, obwohl Sozialverbände und Behindertenvertreter*innen seit Jahren auf den Mangel aufmerksam machen. Auch in der UN-Behindertenrechtskonvention ist das Recht auf Wahl des Wohnraums für alle Menschen festgeschrieben. 

Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen, die auf barrierefreien Wohnraum angewiesen sind, müssen oft lange nach einer geeigneten Wohnung suchen. Derzeit fehlen in Deutschland  etwa zwei Millionen barrierefreie Wohnungen (Stand: Sommer 2023). Bis 2035 rechnet das Institut der Deutschen Wirtschaft mit 3,7 Millionen fehlenden barrierefreien Wohnungen, die auch wegen des demografischen Wandels immer mehr benötigt werden.

Wann gilt eine Wohnung als barrierefrei?

Der Begriff „barrierefrei“ wird im Alltag oft genutzt, ohne genau zu wissen, was gemeint ist. Im Bezug auf eine Wohnung ist jedoch klar definiert, wann eine Wohnung als barrierefrei betitelt werden darf. Das ist in der Norm DIN 18040-2 festgelegt. Sie beschreibt, welche Kriterien eine Wohnung genau erfüllen muss, um barrierefrei zu sein. 

Beispiele dafür sind:

  • Ein ebenerdiger Zugang ohne Stufen oder Schwellen
  • Breite Türen
  • Fenstergriffe und Lichtschalter sind erreichbar 

Neben „barrierefrei“ werden Wohnungen in Anzeigen häufig als „rollstuhlgerecht“ oder „behindertengerecht“ bezeichnet. Auch hier gibt es Unterschiede, denn die Bedürfnisse von Menschen im Rollstuhl sind anders, als die einer Person mit Sehbehinderung. 

Barrierefreie Wohnungen: Der Bedarf ist riesig

Barrierefreier Wohnraum galt lange als Nischenthema. „Wer braucht das schon – außer ein paar Menschen mit Behinderung?“, lautete der Tenor in der öffentlichen Diskussion. Inzwischen ist das Bewusstsein für die Bedeutung eines barrierefreien Wohnumfelds gestiegen. Das hängt auch und vor allem mit der demografischen Entwicklung zusammen. In Deutschland leben immer mehr ältere Menschen, und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wächst stetig. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Schon heute ist die Altersgruppe der 40- bis 59-Jährigen die größte in Deutschland – dicht gefolgt von der der über 65-Jährigen. Bis 2035 wird der Anteil der Menschen, die über 67 Jahre alt sind, auf 46 Prozent der Gesamtbevölkerung anwachsen. 2020 lag er noch bei 31 Prozent. 

 

Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer Schwerbehinderung an. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit, auf barrierefreien Wohnraum angewiesen zu sein. Tatsächlich sind nur rund drei Prozent der Behinderungen angeboren, 97 Prozent werden im Laufe des Lebens erworben – durch einen Unfall, eine Erkrankung oder den normalen Alterungsprozess.

Aktuell ist barrierefreier Wohnraum Mangelware

Dem großen und wachsenden Bedarf an barrierefreiem Wohnraum steht ein viel zu kleines Angebot gegenüber. Aktuell sind weniger als drei Prozent der bewohnten Wohnungen in Deutschland barrierefrei ausgestattet. Der weit überwiegende Teil des für alle zugänglichen Wohnraums ist ab 2011 entstanden.
Um den Bedarf an altersgerechten und barrierefreien Wohnungen zu decken, sind in den kommenden Jahren hohe Investitionen notwendig. Bis 2030 müssten 2,9 Millionen zusätzliche barrierefreie Wohnungen mit einem Investitionsvolumen von 50 Milliarden Euro entstehen, um genügend Wohnraum zu schaffen, der für alle zugänglich und nutzbar ist.

Quellen: Statistisches Bundesamt (Destratis) 2021: Prognos AG

Gründe für mehr barrierefreie Wohnungen

Selbstbestimmt leben ist ein Menschenrecht

Die selbstbestimmte Lebensführung ist ein Menschenrecht, das in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) festgeschrieben ist.

Barrierefreiheit betrifft alle

Barrierefreier Wohnraum ermöglicht nicht nur Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben. Auch ältere Menschen und Familien mit Kindern profitieren von einem barrierefreien Umfeld. Wer barrierefrei wohnt, ist auch auf einen plötzlichen Wechsel im Gesundheitszustand – zum Beispiel durch einen Unfall – gut vorbereitet. Ein Wohnungswechsel oder ein großer Umbau sind dann meist nicht notwendig.

Das Leben in den eigenen vier Wänden bleibt möglich

Der Umzug in ein Pflegeheim oder eine Wohneinrichtung kann durch barrierefreien Wohnraum hinausgezögert oder sogar vermieden werden. Das ist nicht nur für Betroffene eine Erleichterung, sondern entlastet auch die Einrichtungen und ihr Personal.

Die Kosten sind überschaubar

Projektentwickler*innen mit dem notwendigen Know-how können Barrierefreiheit in Neubauwohnungen annähernd kostenneutral realisieren. Barrierefreiheit macht dann nur 0,35 Prozent bis gut ein Prozent der Gesamtbaukosten aus. Es gibt viele Möglichkeiten, einen barrierefreien (Um-)Bau fördern zu lassen. Zuschüsse gibt es über die Pflege- oder Unfallkasse, Förderprogramme der Bundesländer, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder die Versorgungsämter.

Wie finde ich trotzdem eine barrierefreie Wohnung?

Eine barrierefreie Wohnung finden kann in Deutschland zur Herausforderung werden. Um die Chancen auf eine erfolgreiche Suche zu erhöhen, sollten Wohnungssuchende auf verschiedene Möglichkeiten setzen. Folgende Optionen könnten Sie in Betracht ziehen: 

  • Wohnungsportale nutzen
  • Barrierefreie Immobilienbörsen nutzen
  • Sozialverbände vor Ort kontaktieren
  • Inklusive Wohnprojekte finden
  • Selbst bauen oder umbauen

Auch die Kosten von barrierefreien Wohnungen sind häufig ein Problem, beispielsweise wegen eines geringen Einkommens oder einem erhöhten Platzbedarf. Wir zeigen Ihnen, wie Sie bei der Suche vorgehen, Ansprechpartner*innen, Beratungsstellen oder Finanzierungsmöglichkeiten finden können.

Ein Mann in einem lila T-Shirt sitzt an einem Schreibtisch im Büro. Er schaut auf den Computerbildschirm und schreibt etwas mit der Hand auf.

Gibt es ein Recht auf eine barrierefreie Wohnung?

Im Jahr 2009 hat die Bundesrepublik Deutschland die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) ratifiziert. Und sich damit verpflichtet, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderung umzusetzen. Im Artikel 19 der UN-BRK sind auch Forderungen zum inklusiven Wohnen enthalten.

Auszug aus UN-BRK Artikel 19 - Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft:

"Die Vertragsstaaten (...) anerkennen das (...) Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie die anderen Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen (...) ihre volle Teilhabe und Teilnahme an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie insbesondere dafür sorgen, dass

  • Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Wohnsitz zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;
  • Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von häuslichen, institutionellen und anderen gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur (...) Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhütung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist."

Was muss passieren, damit mehr barrierefreie Wohnungen entstehen?

Der wichtigste Punkt ist, dass mehr barrierefreie Wohnungen gebaut werden müssen. Aber auch der Zugang von Menschen mit Behinderung zu diesem Wohnungen muss gegeben sein. Das bedeutet, dass diese Wohnungen ausreichend groß und bezahlbar sein müssen.

Die deutsche Monitoring-Stelle der UN-BRK am Deutschen Institut für Menschenrechte fordert daher:

  • Eine Förderung des barrierefreien Wohnungsbaus
  • Den sozialen Wohnungsbau flächendeckend auszugestalten 
  • Die bestehenden Förderprogramme im Zuschnitt für alle Menschen mit Behinderungen auszuweiten
  • Für den wachsenden Beratungsbedarf eine Landesfachstelle für (bauliche) Barrierefreiheit einzurichten
  • Nicht inklusive Sondereinrichtungen des stationären Wohnens abzubauen

Engagement zur Verbesserung des Angebots an barrierefreiem Wohnraum

Das Projekt  „Inklusives Wohnen in Bayern stärken“ des Bayerischen Behindertenbeauftragten Holger Kiesel, des Vereins WOHN:SINN und der Aktion Mensch hat sich zum Ziel gemacht, die Rahmenbedingungen und Voraussetzung für die Schaffung inklusiver Wohnformen im Freistaat zu verbessern.

 

Zu diesem Zweck haben die Projekt-Initiator*innen Expert*innen aus ganz Bayern zusammengeholt: Menschen mit Behinderungen, Angehörige, Gründerinnen und Gründer inklusiver Wohnprojekte, Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden, Bezirken und Leistungserbringern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Beratungsstellen, Akteurinnen und Akteure aus dem genossenschaftlichen Wohnen. In mehreren Treffen haben sie gemeinsam die Herausforderungen bei der Verwirklichung von inklusivem Wohnen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und Lösungsvorschläge erarbeitet.
Sieben Frauen und Männer (vier stehend) drei davor in einem Konferenzraum sitzend präsentieren eine Broschüre

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Eine Frau im Rollstuhl sitzt an einem Schreibtisch und schaut sich große Blätter an. An der Wand hinter ihr sind Grundrisse aufgehängt.

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Illustration einer bunt angezogenen vierköpfigen Personengruppe, die für Vielfalt steht, unter ihnen eine männliche Figur mit Armprothese, eine im Rollstuhl und eine Frau mit Blindenhund. Auf dem blauen Hintergrund ist ein E-Mail-Symbol zu sehen.

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