Der Faktencheck: Inklusion im Offenen Ganztag
Die Fakten zum Projekt
Wer?
Die AWO Bielefeld hat das Projekt „Offener Ganztag + Gemeinsam werden wir inklusiv“ initiiert. Sie kooperiert dafür mit der Diakonie für Bielefeld und dem Stadtsportbund Bielefeld.
Was?
Ziel ist es, den Offenen Ganztag inklusiv zu gestalten. Das Besondere an diesem Fokus: Auch der Ganztag an Schulen, die noch nicht Schulen des gemeinsamen Lernens sind, soll grundsätzlich offen für alle Kinder sein. Alle Kinder sollen hier gemeinsam leben, spielen und lernen. Die OGS (Offene Ganztagsschule) fördert sie – unabhängig von Fähigkeiten, Fertigkeiten, Behinderung, Herkunft und Geschlecht. Die Projektbeteiligten nehmen deshalb an regelmäßigen Workshops zu Inklusionsthemen teil und organisieren verschiedene Aktionen und Projekte für die OGS-Kinder. Dabei wird zum Beispiel das Demokratieverständnis der Kinder geschult (Schülerparlament) oder dazu aufgerufen, Verbesserungsvorschläge für den Offenen Ganztag zu machen (Zukunftswerkstatt für Kinder). Nach Abschluss des Projektes entsteht ein Praxishandbuch, das die wichtigsten Ergebnisse berücksichtigt und wichtige Impulse für die tägliche Arbeit im Offenen Ganztag geben soll.
Wo?
Das Projekt läuft an mehreren Bielefelder Grundschulen: an der OGS Altenhagen, OGS Brake, OGS Brocker Schule, OGS Heeperholz, OGS Volkeningschule und der OGS Westkampschule.
- In den letzten Jahren wurde der Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland stetig vorangetrieben. Inzwischen hat jede zweite allgemeinbildende Schule im Primarbereich und in der Sekundarstufe I Ganztagsangebote.
- Das Konzept der „Offenen Ganztagsschule“ ist bundesweit am häufigsten. Die Teilnahme an der Nachmittagsbetreuung ist dabei für die Schüler freiwillig.
- Die wichtigsten Ziele des (Offenen) Ganztags sind: mehr Chancengleichheit sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
- In 90 Prozent der Grundschulen und weiterführenden Schulen (außer Gymnasien) lernen auch Schüler mit sonder-pädagogischem Förderbedarf. Deshalb ist der Ganztag eine große Chance für Inklusion.
- Da immer häufiger beide Elternteile berufstätig sind und die Zahl der Alleinerziehenden steigt, ist der Bedarf an Ganztags-angeboten weiterhin groß.
- Ein wichtiger Teil der fachlichen Angebote ist die Hausaufgabenbetreuung.
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Der Ganztag soll vielfältige Bildungs- und Entwicklungschancen bieten
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(Offene) Ganztagsschulen haben viele Kooperationen mit außerschulischen Partnern. Das bringt die Chance, den Kindern Sport, Musik, Kunst und andere Beschäftigungen in der Nachmittagsbetreuung anbieten zu können.
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Die Gestaltung des (Offenen) Ganztags ist sehr unterschiedlich. Teilweise arbeiten die Schulen mit einem rhythmisierten Ganztag. Betreuer aus der Ganztagschule sind dabei stundenweise auch im Vormittagsbereich tätig. Der Vorteil: Die Betreuer erleben die Kinder auch im Unterricht, kennen sie besser können gezielt auf Lernschwierigkeiten oder Konflikte eingehen und sich mit den Lehrern häufiger austauschen.
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Nur in der Hälfte aller deutschen Schulen ist Rhythmisierung des Schultags umgesetzt. Hier gibt es noch Verbesserungsbedarf.
- Im (Offenen) Ganztag sind Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationen im Einsatz. Dies wird mitunter kritisch gesehen. Ein inklusiver Ansatz geht aber auch davon aus, Lehrkräfte und OGS-Mitarbeiter sich gegenseitig kollegial beraten. Die Kinder profitieren dann besonders, wenn Lehrkräfte das Wissen aller Professionen nutzen. Mitunter hapert es aber mit der Kommunikation zwischen Lehrern und Ganztagspersonal. Teilweise funktioniert die Verzahnung zwischen Schule und Ganztag noch nicht optimal, sodass die Einflussnahme der Mitarbeiter im Offenen Bereich zwar gewünscht – aber in der Praxis noch nicht etabliert ist.
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Die Kosten: Die Finanzierung ist in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Und auch die Kommunen haben Handlungsspielraum bei der Gestaltung der Elternbeiträge. Das führt dazu, dass der Offene Ganztag in einigen Städten beitragsfrei ist, während Eltern andernorts wesentlich mehr zur Kasse gebeten werden.
Wie?
Ein wichtiges Instrument des Projekts sind Workshops für die Projektmitarbeiter zu verschiedenen inklusiven Themen und Fragestellungen. Daran schließt eine neunmonatige Umsetzungsphase in den OGSn vor Ort an – mit Begleitung, Standorttreffen und Besprechungen. Dabei zeigt sich, ob die Workshopinhalte praxistauglich und umsetzbar sind. Nach der Umsetzungsphase treffen sich die Projektbeteiligten bei einem „Markt der Möglichkeiten“, eine Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Feedback.
Die OGS wird in dem Projekt nicht nur als eine Betreuungsergänzung zur Schule gesehen – sie ist ein Ort des Sozialen und Emotionalen Lernens und Lebens. Schülern werden hier wesentliche Fähigkeiten vermittelt, die sie im Schulalltag aber auch in ihren Familien oder der Freizeit brauchen. Sie lernen Unterschiedlichkeiten kennen und akzeptieren. Sie erfahren Empathie, und OGS-Mitarbeiter unterstützen die Kinder darin, soziale Kompetenzen zu entwickeln, die sie zur Konfliktbewältigung benötigen. Damit reiht sich die OGS in die schulische Arbeit ein, entwickelt Konzepte zur Streitschlichtung oder etabliert und setzt diese im Sinne der Schule um.
Außerdem pflegt die Offene Ganztagsschule einen engen Kontakt zu den Eltern. Sie unterstützt die Teilnahme der Mütter und Väter an schulischen Aktivitäten, wie beispielsweise regelmäßigen Elterncafés.
Grundsatz der inklusiven Themen und Workshops: Sie sollen die Sozialkompetenz und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Die Kinder lernen aufgeschlossen gegenüber Vielfalt zu sein, sich gegen Rassismus einzusetzen oder sich aktiv im Schulleben einzubringen. Das fördert ihre Persönlichkeitsentwicklung. Die Kinder erfahren viel Unterstützung, das sorgt für ein gutes Selbstwertgefühl und eine große Portion Hilfsbereitschaft gegenüber Mitschülern.
Für wen?
Das Bielefelder Projekt widmet sich insbesondere Grundschülern mit besonderem Unterstützungsbedarf, die in Regelschulen unterrichtet werden. Bei ihnen ist das Risiko von Ausgrenzung nämlich besonders groß. Weitere Zielgruppen sind ihre Eltern und die pädagogischen Mitarbeiter des Offenen Ganztags. Von den inklusiven Strukturen sollen alle Kinder profitieren: jene mit oder ohne Behinderung und Förderbedarf oder auch Kinder mit einer Migrationsgeschichte, die ihre Deutschkenntnisse noch verbessern müssen. Die Zielgruppen können entsprechend der Schülerheterogenität an der jeweiligen Schule variieren.
Wer macht noch mit?
Verschiedene Kooperationspartner unterstützen das Projekt. Dazu gehört der Verein Bielefelder Familien für Inklusion e. V., das Schulamt für die Stadt Bielefeld (Koordinierungsstelle Inklusion), das Amt für Schule (Bildungsbüro), die Universität Bielefeld (Fakultät für Erziehungswissenschaft), das Gesundheitsamt (Kinder- und Jugendärztlicher Dienst) sowie das Amt für Jugend und Familie (Abteilung Jugendhilfeplanung).
Damit haben sich neben den Projektverantwortlichen AWO Kreisverband Bielefeld, Diakonie für Bielefeld und dem Stadtsportbund Bielefeld viele verschiedene starke Kooperationspartner gefunden. Der Vorteil solcher Kooperationen: Alle Partner bringen ihre verschiedenen Kompetenzen aus den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit sowie Inklusion ein. Sie ergänzen sich mit viel Knowhow und etablieren gemeinsam Netzwerkstrukturen innerhalb der Stadt Bielefeld. Die Partner sind im sozialen Leben der Stadt fest verankert und positionieren sich deutlich für das Thema Inklusion. Die Projektleitung liegt bei der AWO Kreisverband Bielefeld, die ebenso wie die Diakonie Träger mehrerer Offener Ganztagschulen ist. Beide Organisationen verfügen über die nötige Expertise im Bereich Kinder- und Jugendhilfe. Angebote, die für alle offen sind und die die Persönlichkeitsentwicklung und -stärkung von Kindern und Jugendlichen fördern, spielen auch bei dem Stadtsportbund Bielefeld eine große Rolle. Von den diversen Erfahrungen aus dem Sport und Vereinsleben profitieren auch die OGSn. Gemeinsam stellen die Projektpartner die Weichen, damit der Offene Ganztag beim Thema Inklusion gewappnet ist.
Wer zahlt?
Die Aktion Mensch fördert das Projekt „Offener Ganztag Plus - Gemeinsam werden wir inklusiv“ über drei Jahre. Wie Deutschlands größte Förderorganisation Projekte für inklusive Bildung unterstützt, erfahren Sie hier: