Paralympics Sportler*innen beflügeln Inklusion
Für das Team Deutschland an den Start
Wenige Tage vor Beginn der Paralympics bereitet sich Maike Schwarz (Potsdam) im Trainingscamp auf Lanzarote auf die anstehenden Wettbewerbe vor. Drei Mal wird sie für das Team Deutschland an den Start gehen: 100 Meter Rücken, 50 Meter Freistil und 100 Meter Freistil stehen an. Maike Schwarz begann ihre Karriere als sehende Schwimmerin, verlor dann aber durch eine Erkrankung der Netzhaut ihr Sehvermögen. Bei den Paralympics startet sie in der Startklasse S12. Hier treten Paralympics Sportler*innen mit einem Sehvermögen zwischen drei und fünf Prozent gegeneinander an. „Ich bin gesund, gespannt und will schauen, was ich aus mir rausholen kann", sagt Maike Schwarz, die nach längerer Pause wegen Krankheit und Verletzung erst vor einem Jahr wieder mit dem Training beginnen konnte.
Maike Schwarz
Maike Schwarz ist Schwimmerin der deutschen paralympischen Nationalmannschaft und trainiert am Olympiastützpunkt Potsdam.
Als 15-Jährige startete sie erstmals bei internationalen Meisterschaften und nahm unter anderem 2012 an den Paralympics in London und 2016 an den Paralympics in Rio de Janeiro teil. Sie konnte bisher schon zahlreiche Erfolge bei nationalen und internationalen Wettbewerben feiern. 2016 gewann sie bei den Paralympics in Rio de Janeiro die Silbermedaille in 50 m Freistil.
Nach Rückschlägen durch Depressionen und andere gesundheitliche Probleme startete sie vor circa einem Jahr erneut mit dem Training.
Maike Schwarz begann ihre Karriere zunächst als sehende Schwimmerin. Durch eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (Erkrankung der Netzhaut) verlor sie ihr Sehvermögen.
Der Wechsel vom sehenden Sport zum Para Sport war zunächst eine Herausforderung für sie. Denn sie brauchte ihre Augen zur Orientierung im Wasser, um den Anschlag zu sehen und zu wenden. „Das musste ich alles neu lernen“, sagt sie. Heute orientiert sie sich an den Leinen, die die Schwimmbahnen voneinander trennen. Kurz vor dem Anschlag assistieren ihre Trainer*innen durch eine Berührung mit einem Stab an der Schulter. „Ansonsten hat sich aber nicht so viel geändert: Ich habe den gleichen Ehrgeiz wie zuvor und trainiere genauso hart.“
Tipps von Profi-Schwimmerin Maike Schwarz
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Genießt die Erfolge und die kleinen Momente, die ihr erlebt! Springt nicht gleich gedanklich von einem Erfolg zum nächsten. Das gilt natürlich auch außerhalb des Sports. Nehmt euch Zeit zu realisieren, was ihr Großartiges geschafft habt.
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Leistungssport kann unfassbar hart sein. Viele denken, dass man dafür auf so vieles verzichten muss. Aber man bekommt auch so viel zurück, ganz unabhängig von den Medaillen. Wenn aus einem Hobby ein Beruf wird: Das ist das Schönste, das man sich vorstellen kann.
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Alle profitieren davon, wenn Sportler*innen mit und ohne Behinderung gemeinsam trainieren!
Impulse für den Amateursport
Auch im Bereich Amateursport gibt es viele Möglichkeiten, Barrieren für Schwimmer*innen mit Behinderung abzubauen. Dafür steht zum Beispiel die von der Aktion Mensch geförderte Initiative „Auf einer Wellenlänge – Inklusiv aktiv“. Der Behinderten- und Rehabilitationssportverband NRW (BRSNW) und der Schwimmverband NRW (SV NRW) stehen mit Weiterbildung und Beratung allen Vereinen zur Seite, die sich für Schwimmer*innen mit Behinderung öffnen wollen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Anfängerschwimmausbildung. Aber auch andere Schwimmangebote im Breiten- und Leistungssport sollen inklusiver werden.
Wir wollen den Trainer*innen und den Aktiven in den Vereinen die Angst davor nehmen wollen, mit Menschen mit Behinderung zu arbeiten.
Mitja Zastrow
Mitja Zastrow ist Landestrainer Para Schwimmen beim Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen (BRSNW).
Er ist Berater des Projekts „Auf einer Wellenlänge – Inklusiv aktiv“, bei dem es darum geht, mehr Menschen mit und ohne Behinderung für das gemeinsame Schwimmen zu begeistern.
Als Trainer war er von 2008 bis 2017 am Bundesstützpunkt in Essen tätig und von 2017 bis 2020 Juniorenbundestrainer.
Vor seiner Karriere als Trainer war Mitja Zastrow selbst professioneller Schwimmer. Als aktiver Schwimmer war er Medaillengewinner bei Europa- und Weltmeisterschaften und bei den Olympischen Spielen.
Paralympics fördern Inklusion
Welche Bedeutung haben sportliche Großevents wie die Paralympics für Inklusion im Sport? Maike Schwarz meint: Die Bedeutung ist nicht zu unterschätzen. „Seit einigen Jahren gibt es ein großes Medieninteresse“, sagt sie. „Die Spiele finden auf einem sehr hohen, professionellen Niveau statt. Dadurch nehmen die Menschen den Para-Sport ernster und Berührungsängste verschwinden.“ Auch Mitja Zastrow bestätigt dies. „Schon bei den Olympischen Spielen ist die Zahl der Anfragen bei uns gestiegen. Bei den Paralympics wird sich dieser Trend sicher fortsetzen.“ Wichtig sei auch die Bedeutung von sportlichen Vorbildern wie zum Beispiel Maike Schwarz. „Jeder und jede sucht sich ein eigenes Vorbild. Bei mir war das vor vielen Jahren Franziska von Almsick. Wenn man als junger Mensch diese Vorbilder sieht, will man ihnen nacheifern.“ Nach den Paralympics möchte er deshalb Paralympics Sportler*innen ins Trainingslager einladen, damit diese anderen Sportler*innen aus erster Hand von ihren Erfahrungen berichten können.
Es gibt eigentlich keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem olympischen und dem paralympischen Sport.
Das Projekt „Auf einer Wellenlänge – Inklusiv aktiv“
- Gemeinsame Initiative des Behinderten- und Rehabilitationssportverbands NRW und des Schwimmverbands NRW, gefördert von der Aktion Mensch.
- Das Ziel: Mehr Menschen mit und ohne Behinderung für den gemeinsamen Schwimmsport zu begeistern.
- Menschen mit und ohne Behinderung sollen gleichermaßen Zugang zu Schwimmangeboten (Anfängerschwimmen, Breitensport, Leistungssport) erhalten.
- Das Angebot: Qualifizierung und Beratung von Trainer*innen und Vereinen, um Barrieren in Schwimmvereinen abzubauen und bestehende Angebote für Schwimmer*innen mit Behinderung zu öffnen.
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