Praxisbeispiel: Einsatz assistiver Technologien mit Tablet/ Handy und der Vorlese-App "Claro Scan Pen"
Schüler*innen können durch den Einsatz assistiver Medien unterstützt und in ihrer Autonomie im Lernprozess gestärkt werden. Indem eine Barriere (z.B. das Schreiben eines Textes, das durch eine Diktierfunktion ersetzt wird) minimiert wird, haben die Schüler*innen häufig zum einen ein hohes Selbstwirksamkeitserleben. Zum anderen können sie sich auf eine andere Zielsetzung des Unterrichts (z.B. die Dokumentation eines Versuchs im Biologieunterricht) besser konzentrieren.
In diesem Beispiel wird der Einsatz assistiver Technologien im Unterricht anhand einer Vorlese-App erläutert.
Die wichtigsten Infos auf einen Blick
Thema
Lerngruppe in diesem Beispiel
Arbeitsgruppe: Gesa, Mirko, Ezgi, Sina (mit und ohne Förderbedarf)
Klassenstufe: 4. Klasse
Fach: Sachunterricht
Ausführliche Beschreibung
Zielsetzung
In der Klasse sollen Plakate zum Thema „Wald" erstellt werden. Die Schüler*innen dürfen dazu für das von ihnen selbst gewählte Tier aus dem Wald in Büchern aus der Bücherei-Kiste recherchieren oder bei einer Internetsuchmaschine (z.B. „FragFinn “) verschiedene Texte lesen.Lerngruppe
Es handelt sich bei diesem Beispiel um eine vierte Klasse (jedoch auf alle Stufen und Fächer übertragbar). Einige Schüler*innen (Gesa, Mirko, Ezgi) können lesen, haben jedoch Schwierigkeiten, den Inhalt längerer Texte zu verstehen. Eine Schülerin (Sina) kann nicht lesen, versteht jedoch die gesprochene Sprache gut.Didaktische und methodische Entscheidungen
In den unterschiedlichsten Klassenstufen gibt es immer wieder Schüler*innen, die besonders im Schriftspracherwerb Schwierigkeiten aufzeigen. In den verschiedenen Unterrichtsfächern ist eine Lesekompetenz häufig eine wichtige Grundlage, auf die selbstverständlich zurückgegriffen wird. Jedoch können nicht alle Schüler*innen sinnverstehend lesen, sodass sie sich Texte selbstständig erarbeiten können.Bei der Nutzung von Vorlese-Apps oder Funktionen zum Vorlesen von Text stellt sich häufig die Frage, ob die Schüler*innen bei bereits mangelnden Lesekompetenzen das Lesen zu wenig üben würden. Als Lehrkraft sollten Sie an dieser Stelle das Ziel der Stunde erfassen: Falls es darum geht, z.B. das flüssige Lesen oder das betonte Vorlesen zu erlernen, dann trainieren die Schüler*innen aktiv ihre Lesekompetenz. Dies sollten sie auch auf ihrem jeweiligen Anforderungsniveau umsetzen. Wird jedoch ein anderes Ziel anvisiert, z.B. wie in diesem Fall die Recherche nach Inhalten zur Zusammenstellung eines Plakats zum Thema „Wald", so ist die Lesekompetenz nicht vorrangig. Stattdessen können Schüler*innen, denen das Lesen besonders schwerfällt, entlastet werden, sodass sie sich auf die Inhalte konzentrieren können. Nicht lesende Schüler*innen können ihre Selbstständigkeit erhöhen und sind nicht auf vorab von der Lehrkraft zur Verfügung gestellte Dokumente angewiesen. Stattdessen können sie sowohl im Internet als auch z.B. in Fachbüchern selbstständig recherchieren.
Arbeitsphase: Nutzen der Vorlese-Funktion
Die Schüler*innen dürfen, wenn sie eine Unterstützung beim Lesen benötigen, selbst entscheiden, wann sie sich Text vorlesen lassen, und welchen Text sie selbst lesen wollen.Digitale Texte vorlesen lassen
Die Schüler*innen recherchieren im Internet nach ihrem selbst ausgewählten Tier, z.B. dem Eichhörnchen.
Mirko öffnet einen Text auf Wikipedia. Er liest die Überschriften selbstständig. Er möchte Näheres zur Nahrung des Eichhörnchens erfahren. Er markiert den Absatz, den er vorgelesen bekommen möchte, tippt auf das Fenster „Sprechen" und die Computerstimme liest ihm den Abschnitt vor.
Sina öffnet einen einfachen Text zum Wildschwein in einem Lexikon für Kinder (z.B. „Klexikon “). Sie markiert die Überschrift und den gesamten Text und lässt sich diesen vorlesen.
Analoge Texte vorlesen lassen
Gesa hat ein Buch zum Reh gefunden. Sie hat zwar die richtige Seite zur Nahrung aufgeschlagen, die Texte sind jedoch nicht in der Schulschrift gedruckt. Das Lesen fällt ihr dadurch sehr schwer. Sie öffnet die App "Claro Scan Pen", fotografiert die Seite und markiert den Text, den sie vorgelesen bekommen möchte. Die App liest ihr Satz für Satz den Text vor.
Ezgi sucht in den Büchern aus der Bücherei-Kiste nach ihrem Tier (der Dachs). Sie hat Schwierigkeiten sich im Inhaltsverzeichnis zu orientieren, um die Seiten mit dem richtigen Tier zu finden. Sie öffnet die App "Claro Scan Pen", scannt das gesamte Inhaltsverzeichnis und lässt sich Überschrift für Überschrift vorlesen, bis sie ihr Tier gefunden hat. Hilfreich ist dabei, dass die App jedes Wort farblich hervorhebt, das gerade vorgelesen wird. So weiß Ezgi gleich, an welcher Stelle im Inhaltsverzeichnis sie nach der Seitenzahl schauen muss.Reflexion
Bestenfalls wird am Ende der Stunde die Verwendung der Lesehilfen (und etwaiger anderer Hilfen ) gemeinsam reflektiert, um die Nutzung ggf. noch zu optimieren. Denn auch bei den digitalen Helfern können Strategien unterstützend wirken, um die Tools noch effizienter einzusetzen.Vorbereitung
Beim Tablet oder Handy sollte vorher die Vorlesefunktion aktiviert werden (üblicherweise: Einstellungen –> Bedienungshilfen). Die Schüler*innen sollten in die Verwendung der Bedienungshilfen vorab eingewiesen werden. Es ist von Vorteil, wenn die Schüler*innen eigene Kopfhörer (z.B. kleine Ohrstecker) in ihrer Federtasche dabei haben, um diese am Gerät einzustecken.Andere Anwendungsmöglichkeiten
Das digitale Vorlesen von Texten lässt sich auf alle Klassenstufen und Fächer übertragen. Sobald ein analoger oder digitaler Text vorgegeben wird, ist es möglich, dass die Schüler*innen sich diesen vorlesen lassen.