Ich heiße Michael Felten, bin Lehrer und habe während meines gesamten Berufslebens am Gymnasium gearbeitet. Mit dem Thema Inklusion beschäftige ich mich seit im Jahr 2013 in Nordrhein-Westfalen ein groß angelegter Versuch zur Inklusion durchgeführt wurde. Es mehrten sich sehr schnell die Zeichen, dass da etwas schief läuft. Damals habe ich begonnen, Informationen zum Thema zu sammeln, mit Wissenschaftlern zusammen zu arbeiten, ein Buch zu schreiben und eine Website einzurichten.
Wie war das Gespräch heute für Sie?
Es war ein interessanter und angenehmer Austausch.
Gab es bestimmte Aussagen Ihres Gegenübers, die Sie besonders überrascht oder nachdenklich gemacht haben?
Wenn man sich sieben Jahre lang intensiv mit der Thematik beschäftigt, kommt es selten vor, dass einen etwas völlig überrascht. Aber jede persönliche Erfahrung, auch die meines Gegenübers, ist interessant. Deshalb war ich auch mein Leben lang gerne Lehrer. Es wurde nie langweilig, weil es immer wieder neue Schüler gab. Während sich in der Mathematik nicht so viel geändert hat.
Gibt es etwas, von dem Sie sagen: Das war ein wichtiger Punkt, den ich gerne noch im Gespräch untergebracht hätte, aber der mir im richtigen Moment nicht eingefallen ist?
Ja, da gab es mehrere. Aber die könnte ich Ihnen nicht aufzählen, denn ich habe sie schon wieder eine Stufe weiter ins Vergessen zurückgeschoben.
Haben Sie aus der Diskussion heute etwas gelernt?
Sagen wir so: Ich prüfe immer die persönlichen Erfahrungen, die ich mitgeteilt bekomme, inwieweit sie zu dem passen, was ich bisher gedacht habe. Und ansonsten – das war heute weniger ein Thema – bin ich immer daran interessiert, wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu erfahren, also Dinge, die ich noch nicht kenne. Man sollte immer dafür offen sein, sein Urteil und seine Perspektive zu ändern.
Welches sind die größten Unterschiede in Ihren Positionen?
Ich glaube, dass meine Gesprächspartnerin sich zu viel von dieser großen strukturellen Änderung erhofft. Das tun viele, die auf Inklusion – vor allem in der radikalen Form – setzen. Jemand hat mal gesagt: Diesen Menschen schwebt etwas Wunderbares vor. Es ist so wunderbar, wie es nur im Paradies sein kann. Doch in der Wirklichkeit sind die Voraussetzungen etwas anders. Vielleicht sollten wir auch sie verbessern. Doch zunächst setze ich mich dafür ein, dass wir in der gegebenen Situation zwar das Bestmögliche, aber nichts Unrealistisches erwarten. Schon bei „normalen“ Kindern gibt es ein großes Spektrum. Das ist jedoch etwas anderes als bei Kindern mit besonderem Förderbedarf. Hier muss man besondere Konzepte anwenden.
Haben Sie denn auch Gemeinsamkeiten entdeckt?
Ich glaube, es liegt uns beiden am Herzen, jedem einzelnen Schüler eine möglichst gute Entwicklung zu ermöglichen. Nur auf welchem Weg wir dahin kommen, dazu haben wir unterschiedliche Einschätzungen.