Das wir gewinnt

Inklusion hat die AfD nicht auf der Agenda

Anlässlich der Bundestagswahl 2021 hat die freie Journalistin Karina Sturm die Programme der im Bundestag vertretenen Parteien daraufhin analysiert, was darin als Ziele im Hinblick auf die Rechte behinderter Menschen und teilhabepolitische Themen steht. Bei der AfD hat sie dazu kaum etwas gefunden.

Bitte beachten Sie:

Die Analyse auf dieser Seite bezieht sich auf das Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl 2021. Anlässlich der Landtagswahlen 2024 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben wir die AfD  in den drei Bundesländern im Juni 2024 gefragt, welche Ziele sie in puncto Inklusion auf Landesebene verfolgt. Die Antworten der AfD-Landesverbände finden Sie in unserem Online-Spezial zu den Landtagswahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern. In diesem Online-Spezial finden Sie außerdem ein Interview mit Ulla Schmidt, der Bundesvorsitzenden der Lebenshilfe, in dem sie erklärt, warum die Lebenshilfe dazu aufruft, nicht die AfD zu wählen.

 

Die meisten Dinge, die mit Rechten von Menschen mit Behinderungen oder anderen Minderheiten zu tun haben, lehnt die AfD ab. Generell enthält das Wahlprogramm der Partei zur Bundestagswahl 2021  nur recht wenige Informationen über die Haltung der AfD gegenüber Menschen mit Behinderung, die in den folgenden Absätzen zusammengefasst werden.

Menschen mit Behinderung

Im Wahlprogramm der AfD finden sich lediglich drei kleine Absätze, in denen es um Menschen mit Behinderungen geht. Im gesamten Dokument gibt es gerade mal sechs Treffer wenn man nach den Worten „Behinderung“ oder „behindert“ sucht. Der erste Absatz, der sich um Behinderung dreht, fordert „mehr Arbeitsplätze und faire Entlohnung für schwerbehinderte Menschen“. Die AfD will ein Bonussystem einführen, um Arbeitgeber*innen zu motivieren, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Bei der zweiten Erwähnung von Behinderung geht es darum, dass Menschen mit Behinderungen eine soziale Assistenz bekommen sollen, um in Krankenhäusern besser versorgt zu sein. Und als das Wort Behinderung zum letzten Mal auftaucht, steht es im Zusammenhang mit der Inklusion von Kindern mit Behinderungen. Dazu bezieht die AfD eine klare Stellung: „Keine ideologisch motivierte Inklusion“ schreibt die Partei auf Seite 150. Kinder mit Behinderung seien laut AfD besser in Förder- und Sonderschulen aufgehoben, weil Regelschulen Inklusion nicht leisten könnten. Laut AfD sei auch das von den Vereinten Nationen beschlossene Recht auf Teilhabe am Bildungssystem in Deutschland bereits erfüllt. Leichte Sprache soll auf „kognitiv beeinträchtigte Personen“ beschränkt bleiben. Passend dazu gibt es auch keine Übersetzung des AfD-Wahlprogramms in Einfache oder Leichte Sprache, lediglich eine Hörversion. 

Das Inklusionszeichen. Darüber steht: Meine Stimme für Inklusion!
Wem Inklusion wichtig ist, sollte sich im Vorfeld von Wahlen informieren, welche Haltung die einzelnen Parteien in dieser Frage haben. 

Kein Antidiskriminierungsgesetz, keine Frauenquote

Im Kapitel „Freiheit und Verantwortung“ schreibt die AfD, dass sie gegen die „Geschlechterquote“ ist, denn damit würde man eine Gruppe von Menschen bevorzugen. Außerdem lehnt die Partei gleichermaßen „Antidiskriminierungsgesetze“ ab. Auch in späteren Kapiteln wird mehrfach erwähnt, dass man eine Genderquote ablehne, da sie eine Form von Diskriminierung gegenüber Frauen sei, die ein „traditionelles“ Familienmodell wählen. Gender Studies, eine Wissenschaft, die sich mit Geschlechterforschung beschäftigt, wird als Genderideologie bezeichnet und soll zukünftig nicht mehr gefördert werden; auch die gendergerechte Sprache wird abgelehnt. Gleichstellungsbeauftragte sollen abgeschafft werden.

Andere Minderheiten

Auch zu Transsexuellenrechten bezieht die AfD Stellung. Laut AfD ist das Geschlecht eine biologische Tatsache. Daher hält es die Partei für „unangemessen, das biologische Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren und für eine geringe Zahl von Menschen neue Kategorien der geschlechtlichen Klassifizierung einzuführen“. Die Haltung der AfD zu anderen Minderheiten wie Menschen mit Migrationshintergrund ist lange bekannt.

Sozialleistungen & Gesundheit

Die AfD will Sozialleistungen nicht mehr auf ausländische Konten überweisen, was den Menschen, die diese beziehen, verbieten würde, zu leben, wo sie leben möchten oder können. Zusätzlich soll ein weiteres Bonussystem auch in Bezug auf das Gesundheitssystem zum Einsatz kommen. Das soll laut AfD von „leichtfertigen Besuchen“ bei Ärzt*innen abhalten. Dafür sollen aber Heil- und Hilfsmittel leichter zu bekommen sein. Im Bereich Pflege will die Partei die häusliche Pflege von Menschen mit Behinderungen unterstützen. Wobei von Menschen, die keine Kinder haben, erwartet wird, dass sie mehr Geld zurücklegen können, für den Fall, dass sie irgendwann Pflege in Anspruch nehmen müssen. 

Behindertenpolitische Positionen anderer Parteien und der Regierung

Wie setzen sich andere Parteien für Inklusion und Teilhabe ein? Hier finden Sie die Analysen der Wahlprogramme von 2021 aller im Bundestag vertretenen Parteien im Überblick. Die dargestellten Positionen sind die Standpunkte und Ziele der jeweiligen Parteien, die ggf. von denen der Aktion Mensch abweichen. 

Außerdem haben wir für Sie herausgesucht, welche Vereinbarungen im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung zum Thema Inklusion getroffen worden sind. 

Eine Frau mit einem schwarzen Hut steht vor einem Zaun
Karina Sturm

Über die Autorin

Karina Sturm hat Journalismus in Edinburgh, Schottland, studiert. Mit einem Fokus auf Medizin, Wissenschaft, chronische Krankheit und Behinderung schreibt sie akademische Publikationen für Fachzeitschriften, Feature-Artikel und Reportagen für diverse deutsche und amerikanische Zeitungen. Nebenbei betreibt sie einen zweisprachigen Blog.

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