![Eine Sprechblase mit der Aufschrift: Deine Wahl für Inklusion.](https://delivery-aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/aktion-mensch-wahlkompass-inklusion.png?v=31b63451&t=w1024)
Bundestagswahl 2025: Barrierefrei wählen
Wählen mit Assistenz
Anne Gersdorff wählt meist per Briefwahl und dabei mit Unterstützung einer Assistenz, die ihr beim Schreiben und Ankreuzen hilft. Für die Rollstuhlfahrerin würde eine digitale Wahlmöglichkeit mehr Barrierefreiheit bedeuten.
Die Stimmabgabe im Wahllokal vor Ort ist schwierig, selbst wenn es räumlich barrierefrei ist. Als sie bei einer der letzten Wahlen zusammen mit ihrer Assistenz zur Wahlkabine ging, wurde sie von der Wahlleiterin angehalten. „Sie sagte, dass das nicht ginge. Das widerspreche dem Wahlgeheimnis." Laut Gesetz ist die Wahl mithilfe einer Assistenz allerdings durchaus möglich (siehe verlinkte Handreichung für barrierefreie Wahlen unten). "Nach kurzer Diskussion und Erklärung, was Assistenz ist, ging es dann doch – ausnahmsweise“, erzählt Gersdorff.
Seit einigen Jahren wählt sie deshalb ausschließlich per Brief. „Natürlich sollte jeder Mensch die Wahl haben“, so Gersdorff, selbst zu entscheiden, ob Briefwahl oder Wahllokal.
![Eine Frau im Rollstuhl sitzt an einem Tisch, im Vordergrund ist eine Kamera zu sehen, die sie filmt.](https://delivery-aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/aktion-mensch-anne-gersdorf.webp?v=eaa6b1ae&t=w1024)
Wählschablonen nur bedingt hilfreich
Seit einigen Jahren wählt Barbara Fickert per Briefwahl. Früher sei sie mit ihrem Partner zum Wahllokal gegangen, dieser sei mit ihr in die Kabine gegangen und habe ihr gezeigt, wo das Kreuz zu machen ist. Zu der Zeit kannten beide eine Person im Wahllokal, es gab nie Probleme mit dem Wahlvorgang. Bis ihr bei einer Europawahl im Wahllokal mitgeteilt wurde, dass dieser Wahlvorgang mit Unterstützung ihres Partners nicht mit dem Wahlgeheimnis vereinbar sei. Man habe Fickert stattdessen eine Wahlschablone gegeben, diese sei aber sehr groß gewesen. „Ich konnte mir mit der Schablone nicht sicher sein, ob ich das Richtige gewählt hatte“, sagt Fickert. Seitdem wähle sie per Briefwahl.
Das Risiko, mit der Wahlschablone das falsche Kreuz zu machen, ist Barbara Fickert zu groß. Stattdessen mache ihr Partner das Kreuz dort, wo sie es ihm sagt. Wenn es eine andere, bessere Möglichkeit gäbe, würde sie diese nutzen, so Fickert.
Besuch des Wahllokals als Zeichen politischer Teilhabe
Sowohl Gersdorff als auch Fickert betonen, dass der Gang zur Wahl für sie etwas Besonderes sei. Ins Wahllokal zu gehen, sei ein besonderes Ereignis in unserer Demokratie, zu dem jede und jeder die Möglichkeit haben sollte, sagen sie. “Für mich bedeutet der Zugang zum Wahllokal Teilhabe in der Gesellschaft“, so Gersdorff.
Wenn es zugänglich und barrierefrei ginge, würden beide das Wahllokal nutzen. Es sei ein Unding, dass man nicht mit Assistenz in der Wahlkabine wählen könne. Gersdorff war es unangenehm, eine Debatte über Assistenz mit der Wahlleiterin führen zu müssen. „Mir wurde der Eindruck vermittelt, Menschen mit Behinderung seien leichter beeinflussbar“, erinnert sich Gersdorff. „Für mich bedeutet es eine Art Entmündigung“, sagt Fickert.
![Eine Frau in einer roten Bluse steht vor einer Tür, über der Saal 2 steht.](https://delivery-aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/aktion-mensch-barbara-fickert-416x234.webp?v=cc50ebcd&t=w1024)
Barbara Fickert
Barbara Fickert ist begeisterte Cineastin und betreibt seit 2015 den Blog blindgaengerin.com, in dem sie hauptsächlich über Filme schreibt. Die 1959 in Mannheim Geborene studierte Jura in Heidelberg und Berlin und arbeitete danach als Logistikerin.
Achtung: Briefwahl schnell beantragen!
Wegen der knappen Zeit bis zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sollten Wähler*innen, die ihre Stimme vorher per Briefwahl abgeben möchten, die Unterlagen dieses Mal schneller bei ihrer Gemeinde beantragen, ausfüllen und zurücksenden, als dies sonst der Fall ist. Deshalb ist gut zu wissen: Um Briefwahl zu beantragen, muss man nicht den Erhalt der Wahlbenachrichtigung abwarten. Der entsprechende Antrag auf Briefwahl kann bereits jetzt bei der Gemeinde des Hauptwohnortes mündlich vor Ort oder formlos schriftlich, auch per E-Mail, gestellt werden. Enthalten muss er den Familien- und Vornamen, das Geburtsdatum, die Adresse des Hauptwohnsitzes und ggf. die Versandadresse, an die die Unterlagen verschickt werden sollen (z.B. die Urlaubsanschrift). Bei vielen Gemeinden können die Unterlagen auch online angefordert werden. Telefonische Anträge sind nicht möglich.
Die Wahlämter können die Briefwahlunterlagen erst nach dem Druck der Stimmzettel versenden, voraussichtlich ab dem 8. Februar. Wer die Zustellung durch die Post nicht abwarten möchte, kann im Antrag auch angeben, die Briefwahlunterlagen direkt beim Wahlamt abzuholen.
Das letztmögliche Einwurfdatum für den ausgefüllten Wahlbrief ist Donnerstag, 20. Februar vor der letzten Briefkastenleerung. Es bleiben also nur wenige Tage zwischen Erhalt und Rücksendung der Briefwahlunterlagen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann den ausgefüllten Wahlbrief auch direkt bei der auf dem Umschlag aufgedruckten Adresse abgeben.
Wählen ohne Barrieren
Andrea Schöne wählt, je nachdem, wo sie sich gerade befindet, entweder per Brief oder im Wahllokal. Bei der vergangenen Europawahl war sie gerade in Bologna zum Sprachkurs und wählte deshalb per Brief. „Das Wahllokal in meinem Wahlbezirk in Deutschland ist glücklicherweise für mich barrierefrei“, sagt die kleinwüchsige Journalistin. Schöne war sogar der Grund dafür. Denn das Wahllokal ist die Grundschule, in die sie im Jahr 2000 eingeschult wurde. Seitdem gibt es eine Rampe am Eingang.
Da viele Wahllokale gleichzeitig Schulen sind, sollte mehr darauf geachtet werden, dass barrierefreie Schulgebäude auch gleichzeitig barrierefreie Wahllokale sind, meint Schöne. „Das wäre ein sehr positiver Nebeneffekt. Denn es kann nicht sein, dass behinderte Menschen immer auf die Briefwahl zurückgreifen sollen, wenn das Wahllokal für sie nicht zugänglich ist.
Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass Wähler*innen mit Behinderung gesellschaftlich und auch politisch nicht als wichtig genug erachtet werden.“ Für Andrea Schöne gehöre es zum demokratischen Prozess dazu, die Entscheidung, wo und wie man wählen wolle, selbst treffen zu können.
Andrea Schöne
Andrea Schöne ist freie Journalistin und Rednerin. Ihre Schwerpunktthemen sind Inklusion, Nachhaltigkeit und Kultur. Sie studiert an der Universität Bologna „Global Cultures“
Wahlprogramme in Leichter Sprache
Natalie Dedreux nutzt die Briefwahl. Das gebe ihr die Möglichkeit, sich über die verschiedenen Parteien und Kandidat*innen zu informieren. Allerdings gebe es viele Informationen zu den Kandidat*innen nicht in Leichter Sprache, so Natalie Dedreux. Das stelle eine Barriere dar und erschwere die Entscheidung bei der Wahl. Sie habe deshalb bereits an alle Parteien geschrieben, ob ihre Wahlprogramme auch in Leichter Sprache verfügbar sind. Beim Wählen selbst nutzt sie Assistenz. „Weil ich nicht weiß, wie das mit dem Wahlzettel funktioniert, brauche ich dafür Assistenz“, so Dedreux. Zusätzlich nutze sie einen Übersetzer für Leichte Sprache, um zu verstehen, wie das mit der Wahl geht.Wie der Wahlzettel funktioniert, diese Informationen sollte es in Leichter Sprache geben, so Dedreux, damit Menschen mit Behinderungen den Wahlprozess verstehen könnten.
„Im Wahllokal war ich noch nicht drin. Und mir wurde jetzt erklärt, wie das funktioniert“, sagt Natalie Dedreux. Für sie sei die Briefwahl gut zu machen. „Aber ich habe hier auch ein Recht wie alle andern auch, in einem Wahllokal wählen gehen.“
![Natalie Dedreux steht in einem roten Jumpsuite in einem Wohnzimmer und lacht in die Kamera. Sie hält sich mit der rechten Hand an der Wand fest.](https://delivery-aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/aktion-mensch-wohnungssuche-mit-down-syndrom_16-9_416x234.webp?v=964f0791&t=w1024)
Natalie Dedreux
Natalie Dedreux setzt sich für die Rechte von Menschen mit Down-Syndrom ein. Sie ist Redakteurin beim Magazin Ohrenkuss und berichtet auch auf ihrer eigenen Webseite über ihr Engagement.
Barrierefreie Infos zur Bundestagswahl 2025
Die Bundeswahlleiterin hat viele barrierefreie Informationen zur Bundestagswahl 2025 und zum barrierefreien Wählen auf ihrer Onlineseite zusammengestellt - darunter auch Material in Einfacher Sprache.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet einen Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl, ein Frage-und-Antwort-Programm mit 38 Thesen aus allen Politikfeldern. Nutzer*innen können jede These mit "stimme zu", "stimme nicht zu", "neutral" oder "These überspringen" beantworten und erfahren am Ende, welche der zur Wahl zugelassenen Parteien der persönlichen politischen Position am nächsten steht. Die Thesen des Wahl-O-Mat kann man sich auch vorlesen oder als Gebärdenvideo anzeigen lassen.
- Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025 nutzen (ab dem 6. Februar online)
Ebenfalls von der bpb herausgegeben wird die Reihe "einfach POLITIK", die aktuelle politische Themen in einfacher Sprache erklärt. Auf einer Onlineseite dieser Reihe zu den Bundestagswahlen sind allgemeine Informationen rund um die Bedeutung und den Ablauf der Wahl zu finden, zum Online lesen, als PDF zum Herunterladen oder als Hörbuch.
Die Lebenshilfe hat auf ihren Onlineseiten viele Informationen in Einfacher und in Leichter Sprache zusammen gestellt, in denen erklärt wird, was Wahlen sind und wie gewählt wird.
Außerdem finden Sie auf dem YouTube-Kanal von TACHELES, dem inklusiven Medienteam der Lebenshilfe Trier, drei Videos, die in Leichter Sprache alles rund um die Wahl erklären.
Positionen der Parteien und sozialpolitische Forderungen
Wir haben für Sie Links zu den Wahlprogrammen der Parteien sowie zu Forderungen von Wohlfahrts- und Selbsthilfeverbänden zum Thema Inklusion und Teilhabe zusammengestellt:
- Wahlprogramme der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien
- Wahlprogramm-Aussagen zu Inklusion. Analyse von "Gemeinsam leben, gemeinsam lernen e.V."
- Vorschläge an die Parteien vom Wohlfahrtsverband Der Paritätische
- Forderungen der AWO an die Parteien
- Forderungen der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.
- Positionen der Diakonie zur Bundestagswahl
- Impulse der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
- Forderungen der LIGA Selbstvertretung behinderter Menschen