Ampeln ohne Farben
Schwieriger wird es zum Beispiel im Museum. "Da lese ich ihr mal was vor, weil es zu klein geschrieben oder dunkel ist oder ich lese die Untertitel bei Filmen vor”, sagt Jasper. Aber sonst kommt es nicht unbedingt dazu: “Das mit den Ampeln habe ich irgendwann gelernt. Ich kann zwar keine Farben erkennen, aber ich merke, wann die Menschen neben mir laufen oder Autos stehen bleiben. Den Summer an der Ampel brauche ich nicht”, erklärt Carlotta. “In vielen Fällen ist es auch egal, aber bei meinen Klamotten möchte ich schon wissen, ob das farblich zusammen passt”, lacht Carlotta.
“Für mich als Bruder war die Sehbehinderung selten ein Thema, weil ich ja auch damit aufgewachsen bin”, erzählt Jasper, “In unserer Kindheit war das manchmal schwierig, weil Carlotta das Gefühl hatte etwas zu verpassen“. Heute ist das anders. Beide sind sehr unabhängig. Carlotta lebt schon länger in einer WG und auch Jasper ist schon ausgezogen. Die Geschwister verfolgen eigene Wege, auch wenn manchmal die Ziele die gleichen sind. So waren beide schon öfters in Jerusalem.
Heute mit Tandem
Die 22-Jährige ist gerade wieder in den Vorbereitungen auf ihre nächsten Klausuren in Rehabilitationspädagogik an der Berliner Humboldt Uni. An der Uni begegnet sie auch manchmal ihrem jüngeren Bruder. Seit einem Jahr studiert er Evangelische Theologie. Dadurch dass die Mutter von Jasper und Carlotta Pfarrerin ist, haben beide einen engen Bezug zur Gemeinde. Überhaupt merkt man, wenn man ihnen zuhört, dass sie sich gut verstehen. Bei einem Kaffee tauschen sich beide über die Neuigkeiten in der Gemeinde aus und überlegen auf der anderen Seite, ob und wann sie einen Rucksack für Jasper kaufen. Die Reiselust beider ist dann wieder das große Thema.
Jasper hat vor einem Jahr ein Freiwilligen Sozialen Jahr in Jerusalem gemacht. Und Carlotta war mit zwei Freundinnen auf einer Radtour in Osteuropa – mit dem Tandem. "Das hat so viel Spaß gemacht und wird wohl ein neues Hobby”, erzählt Carlotta, während Jasper anfängt zu schmunzeln: “Wenn man bedenkt, wie du früher überhaupt keinen Spaß am Fahrradfahren hattest, weil du meintest, dass es dir nichts bringt.” Carlotta ist leicht empört und der kleine Bruder freut sich daran. Und beide verlieren sich in einer brüderlich und schwesterlichen Diskussion.