CoWerk in Chemnitz: Brückenbauer in den Arbeitsmarkt
Die Zahlen sprechen für sich: In den ersten beiden Jahren des Projekts haben Grit Lindner und Julia Gill gut ein Drittel der Jobsuchenden mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Trotz Corona und Kontaktbeschränkungen. Aber diese Zahlen gäbe es sicherlich nicht ohne diese beiden Frauen! Sie vermitteln zwischen arbeitssuchenden Menschen mit Behinderung und potenziellen Arbeitgebern. Sie finden Fördermöglichkeiten und helfen bei Behördenanträgen. Und sie machen beiden Seiten Mut. Wie lange die Vermittlung dauert, ist dabei völlig unterschiedlich.
Jede Vermittlung ist anders
„Jede Behinderung ist anders, und so ist auch jede Vermittlung anders“, erklärt Projektleiterin Grit Lindner. Wenn Jobsuchende kommen, klären sie mit der Beraterin in einem persönlichen Gespräch, welche Wünsche, Fähigkeiten und eventuelle Hemmnisse sie haben. Beim ersten Job oder einer Neuorientierung gibt es eine so genannte Profilpassberatung. Nach und nach schauen Jobsuchende*r und Beraterin dann, wo die Reise hingeht und wo Unterstützungsbedarf besteht. „Wenn jemand mit dem Computer nicht fit ist, helfen wir beim Schreiben von Bewerbungen. Oder jemand braucht Ideen, wo er oder sie sich bewerben kann, dann überlegen wir das zusammen.“
Corona ist für sie und natürlich für die Klient*innen eine große Herausforderung. Kaum stand das Projekt und die ersten Vorbereitungen waren getroffen, kam die Pandemie. Persönliche Beratungsgespräche waren phasenweise nicht möglich, und auch das Netzwerk mit Jobcenter, Schulen und anderen Vermittlungsagenturen in Deutschland war so schwieriger aufzubauen.
.„Uns geht es sehr schlecht damit“, erzählt Julia Gill, die mit einer halben Stelle die Projektassistenz macht. „Wir haben das Know-How und das Netzwerk, und jetzt liegt wegen der hohen Inzidenzen schon wieder alles auf Eis.“ Der Ausweg ist, wie so oft in dieser Krise, digital: Eine Online-Stellenbörse richtet sich an Jobsuchende und Unternehmen. Mit Tipps, Beratungsangeboten und natürlich mit passenden Stellenanzeigen.
Schwierige Stellensuche mit Behinderung
Julia Gill ist selbst taub und weiß, wie schwierig die Stellensuche mit einer Behinderung sein kann. Mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Ausbildung hat sie sich auf viele Stellen beworben. Und immer waren die Personaler*innen beeindruckt von ihrer Qualifikation. Aber immer hieß es auch: Wie soll das mit dem Telefonieren klappen? „Ich wünsche mir, dass die Arbeitgeber etwas flexibler im Kopf werden“, sagt Julia Gill heute. Sie trägt ein Cochlea-Implantat und kann zwar nicht gut telefonieren. Videochats oder schriftliche Kommunikation auf allen Kanälen klappen hingegen sehr gut. „Aber auch die Erwartungshaltung bei den Bewerber*innen mit Behinderung sollte nicht überzogen sein“, ergänzt Julia Gill. Denn Inklusion muss immer von beiden Seiten kommen.
Mehr Flexibilität nach Corona
Nach der Corona-Krise freuen Grit Lindner und Julia Gill sich schon auf ganz viel Netzwerkarbeit. Die Strukturen stehen zwar, aber es ist doch immer gut, sich auch persönlich auszutauschen. Zum Beispiel möchten die beiden Frauen sich mit anderen ähnlichen Diensten vernetzen, um Erfahrungen auszutauschen und sich fachlich zu ergänzen. Immerhin geht es schon jetzt darum, den „Dienst zur betrieblichen Inklusion“ auf nachhaltige Beine zu stellen. Und wer weiß? Vielleicht hilft dabei sogar die Corona-Krise, überlegt Projektleiterin Grit Lindner: „In dieser Zeit haben ja viele Unternehmen gelernt, dass Zeiten und Orte auch flexibler sein können. Und dass die Arbeit trotzdem gut erledigt wird. Wenn diese Flexibilität bleibt, könnte das für unsere Bewerber*innen mit Behinderung eine große Chance sein.“
Weitere Infos zum Projekt unter www.inklusion-geht-gemeinsam.de