Kooperative Projektplanung

Projekte, die kooperativ geplant werden, sind erfolgreicher, da Zielgruppen und Entscheidungsträger*innen gemeinsam Projekte entwickeln. Für kooperativ geplante Projekte müssen Sie etwa sechs Monate bis zu einem Jahr einplanen.

Wen Sie für die kooperative Planung brauchen

Für die kooperative Projektplanung benötigen Sie verschiedene Akteur*innen.

Personen aus der kommunalen Verwaltung und Politik:

  • Politische Vertreter*innen mit Einfluss und Entscheidungsmacht
  • Entscheider*innen aus den Fachbereichen, beispielsweise aus der Kommunalverwaltung, aus der Wirtschaft und aus Sozialverbänden
  • Berufliche Expert*innen aus den jeweiligen Themenbereichen, mit Fachwissen, Praxiserfahrung und mit Zugang zu Menschen aus der Zielgruppe. Beispielsweise Mitarbeiter*innen aus dem Sozial- oder Gesundheitsamt, Integrations- und Inklusionsbeauftragte, Mitarbeiter*innen in Quartiersbüros

Personen aus der Zivilgesellschaft und idealerweise auch aus der Wissenschaft:

  • Ebenfalls berufliche Expert*innen aus den jeweiligen Themenbereichen, mit Fachwissen, Praxiserfahrung und mit Zugang zu Menschen aus der Zielgruppe. Beispielsweise Mitarbeiter*innen von Sozialverbänden, Sport- oder Kulturvereinen, Mitarbeiter*innen in Quartiersbüros
  • Menschen aus den Zielgruppen als Lebenswelt-Expert*innen. Sie sollten in ihrer Community akzeptiert und gut vernetzt sein. Für ihre Teilnahme erhalten sie eine Aufwandsentschädigung.
  • Idealerweise: Expert*innen aus der Wissenschaft, alternativ: Prozessbegleiter*innen
Mehrere Personen an einem Besprechungstisch.

Projektleitung

Die kooperative Projektplanung braucht jemanden, der oder die während des gesamten Prozesses die Fäden in der Hand hält, das Netzwerk aufbaut und pflegt, die Arbeitsgruppen betreut. Diese Projektleitung kann eine Person aus der Organisation oder Institution übernehmen, die den Prozess angestoßen hat - beispielsweise ein*e Mitarbeiter*in eines Sozialverbands oder der Kommunalverwaltung. Es kann dafür auch eine externe Prozessbegleitung engagiert werden. Möglich ist auch, dass eine Prozessbegleitung die Projektleitung unterstützend begleitet.

Moderation

Gefordert ist hier eine erfahrene Moderation, die das Machtgefälle zwischen den Entscheidungsträger*innen und beruflichen Profis auf der einen und den Lebenswelt-Expert*innen auf der anderen Seite ausgleicht. Sie muss parteiisch sein für die Lebenswelt-Expert*innen. Das bedeutet nicht, dass sie allem zustimmt, was die Lebenswelt-Expert*innen sagen. Sie hat jedoch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen aus den Zielgruppen auf Augenhöhe mitdiskutieren können. Die Moderation muss die Menschen aus den Zielgruppen gegebenenfalls gezielt ansprechen und sie bei der Gesprächsführung unterstützen. Sie vereinbart zu Beginn der Zusammenarbeit mit beiden Seiten gemeinsame Gesprächsregeln. Die Erfahrung zeigt: Am besten ist es, wenn eine externe Person die Moderation übernimmt. Das kann beispielsweise auch die Prozessbegleitung sein.


Ein Portraitfoto von Zsuzsanna Majzik.

Interview mit Zsuzsanna Majzik

Die Expertin für kooperative Projektplanung verrät, warum Projekte durch Partizipation erfolgreicher sind.

Anleitung für die kooperative Projektplanung

Ausgangslage analysieren - Thema und Zielgruppe definieren

Dauer: etwa 6 Wochen

Am Anfang steht der Blick auf die Situation in der Kommune: Welche Probleme gibt es, welche Zielgruppe steht vor welchen Herausforderungen? Die Projektleitung macht eine Bestandsaufnahme: Sie wertet Daten zu Bevölkerung, zu Problemlagen und Bedarfen aus und führt Gespräche mit Expert*innen. Sie kann auch Menschen aus möglichen Zielgruppen danach fragen, was sie als drängendstes Problem sehen. Wenn Thema und Zielgruppe feststehen, kann entschieden werden, welche Akteur*innen wichtig sind für den Prozess.

Folgendes Schaubild bietet einen Überblick über den Ablauf der kooperativen Projektplanung. Sie können sich das Schaubild als PDF herunterladen .

Schaubild zur kooperativen Projektplanung

Planungsprozess vorbereiten

Dauer: etwa 2 bis 3 Monate

Nun geht es darum, diese Akteur*innen zum Mitmachen zu motivieren. Die Projektleitung muss auf der einen Seite Entscheider*innen und professionelle Akteure vom Prozess überzeugen. Und auf der anderen Seite Menschen aus den Zielgruppen finden, die bereit sind, sich zu beteiligen. Dafür nimmt die Projektleitung zunächst Kontakt zu Multiplikator*innen mit Beziehungen zur Zielgruppe auf, beispielsweise zu Sozialarbeiter*innen oder Mitarbeiter*innen in Stadtteilbüros. Diese wiederum motivieren Menschen aus den Zielgruppen zu sogenannten Fokusgruppen-Interviews. In den Interviews findet die Projektleitung/die Moderation gemeinsam mit den Lebenswelt-Expert*innen mehr darüber heraus, was die Zielgruppe wirklich will und braucht. Außerdem bekommt die Projektleitung ein Gefühl dafür, wer von den Interviewten am besten für sich und für die anderen aus der Community sprechen kann, wer sich im Thema gut auskennt und wer Veränderungen gegenüber aufgeschlossen ist.

Anschließend geht es darum, sowohl den Profis als auch den Lebenswelt-Expert*innen die Scheu vor dem Prozess und vor der jeweils anderen Seite zu nehmen. Denn möglicherweise hat der Bürgermeister noch nie mit einer Gruppe muslimischer Frauen oder mit Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung diskutiert. Und die Lebenswelt-Expert*innen haben noch nie einer Politikerin oder einem Verwaltungschef gegenüber ihre Meinung geäußert. Also trifft sich die Projektleitung/die Moderation zu einzelnen Vorbereitungsgesprächen mit den Profis und den Lebenswelt-Expert*innen. Die Projektleitung/Moderation erläutert die Vorteile der kooperativen Planung. Sie sagt den Profis, welche Bedürfnisse und Erwartungen die Zielgruppe hat. Und sie erklärt den Vertreter*innen der Zielgruppe, dass bei der kooperativen Planung ihre Meinung ebenso wichtig ist wie die der Profis.

Nach den Vorbereitungsgesprächen folgen im Idealfall zwei Workshops zur sogenannten Aktivposten-Analyse: einer mit den Vertreter*innen der Zielgruppen und einer mit den professionellen Akteur*innen und Entscheider*innen. Die Aktivposten-Analyse baut auf den bisherigen Erkenntnissen aus der Planungsvorbereitung auf. Die Gruppen diskutieren über Ergebnisse und Kernaussagen aus den Fokusgruppen-Interviews und den Vorbereitungsgesprächen: Wie stehen die Expert*innen zu diesen Ergebnissen? Was ist ihre Meinung zur Problemlage? Welche ersten Ideen zur Problemlösung haben sie? Welche Haltung hat die Zielgruppe in Bezug auf die Gruppe der Profis? Wie sieht die Gruppe der Profis die Zielgruppe? Außerdem erarbeiten die Teilnehmer*innen, welche Ressourcen sie in den Prozess einbringen können: Wie viel Zeit haben sie? Können sie Räume zur Verfügung stellen? Welche Personen kennen sie, und wer von diesen Personen kann noch mithelfen?

Die Projektleitung/Moderation bereitet die Menschen aus der Zielgruppe außerdem auf den Prozess vor: Sie beschreibt, wie die kooperative Planung genau ablaufen wird - und dass Bürgermeister*innen auch nur Menschen sind. Sie sorgt außerdem für Barrierefreiheit und engagiert beispielsweise Übersetzer*innen und Gebärdensprach-Dolmetscher*innen für die Treffen.

Mehrere Menschen sitzen an einem Tisch und trinken Kaffee,.

Beim Auftakt-Workshop alle zusammenbringen

Dauer: etwa vier Stunden
Beim Auftakt-Workshop treffen alle Akteur*innen erstmals zusammen. Nach einer ausführlichen Kennenlern-Phase führt die Moderation in das Thema ein und erklärt es aus allen Perspektiven. Ein Thema könnte beispielsweise sein: Wie werden die Angebote der städtischen Sportvereine inklusiver? In kleineren Gruppen werden erste Ideen erarbeitet. Diese Ideen ordnet die Gesamtgruppe dann nach Wichtigkeit. Hierbei hat jede*r Teilnehmer*in eine Stimme - das gilt auch für alle weiteren Entscheidungen im Laufe des Prozesses. Jede*r Teilnehmer*in hat außerdem die Möglichkeit, über seine oder ihre Hoffnungen und Ängste in Bezug auf den Planungsprozess zu sprechen. Ziel des Workshops: Verständnis füreinander aufbauen und gemeinsam ins Tun kommen.

Maßnahmen entwickeln

Dauer: zwei bis drei Monate

Die Planung kann entweder in der Gesamtgruppe passieren. Oder, wenn das Thema vielschichtig ist und sich viele Unterthemen ergeben haben, in mehreren Arbeitsgruppen. Die Gruppen erarbeiten Ziele. Sie legen fest, in welchen Schritten eine Maßnahme umgesetzt werden muss, damit sie ihr Ziel erreicht. Sie klären, wer für welchen Umsetzungsschritt verantwortlich ist und wie viel Zeit und Geld die Umsetzung vermutlich kostet. Hier ist es wichtig, dass jede*r Einzelne Verantwortung für eine Aufgabe übernimmt, je nach Fähigkeiten und verfügbarer Zeit: damit niemand überfordert ist und damit die kooperative Planung überhaupt funktioniert. Das Verantwortung-Übernehmen ist auch die Voraussetzung dafür, dass am Ende alle Teilnehmer*innen die Angebote und Maßnahmen akzeptieren und weiterführen.

Die Gruppen planen außerdem die Evaluation: Sie legen Kriterien fest, an denen sie während der Umsetzung messen können, ob eine Maßnahme ihr Ziel erreicht. Die Gesamtgruppe trifft sich alle sechs bis acht Wochen, um die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen zu prüfen. Sie diskutiert sie und stimmt ihnen zu, verändert sie oder verwirft sie auch mal.

Wirkungsziele erreichen, Projekterfolge messen

Wenden Sie für die Maßnahmen-Entwicklung die Methode der wirkungsorientierten Projektplanung an. Wenn Sie wirkungsorientiert planen, entwickeln Sie Kriterien, an denen sich der Projekterfolg messen lässt. Wirkungsorientierte und kooperative Projektplanung gehören deshalb zusammen. Lesen Sie mehr in den "Arbeitsblättern: So planen Sie Ihre Projekte wirkungsorientiert (PDF) "

Maßnahmen gemeinsam umsetzen und evaluieren

Dauer: zwei bis drei Monate
Die Akteur*innen in den Arbeitsgruppen setzen die Maßnahmen nach und nach um, auf die sie sich geeinigt haben. Sie informieren die Gesamtgruppe über ihre Schritte. Sollten Probleme auftauchen, erarbeitet die Gesamtgruppe Lösungen. Die Gruppe prüft außerdem fortlaufend, ob die Maßnahmen ihre Ziele erreichen. Wenn sie ihre Ziele nicht erreichen, werden die Maßnahmen verbessert.

Begleitung während des gesamten Prozesses

Ergebnisse und Ziele im Blick behalten, Unterstützung bei der Kommunikation

Die Projektleitung/die Moderation sollte die Arbeitsgruppen fortlaufend begleiten, vor allem in den Zeiträumen zwischen den Sitzungen der Gesamtgruppe. Sie wirkt darauf hin, dass die Arbeitsgruppen so handeln, wie es die Gesamtgruppe zuvor beschlossen hat. Sie stellt sicher, dass sich die Arbeitsgruppen mit der Gesamtgruppe immer wieder austauschen und dass sie auch untereinander gut kommunizieren.

Netzwerk pflegen

Die Projektleitung hält von Beginn an den Kontakt zu allen Akteur*innen. Sie telefoniert mit ihnen, schreibt Mails, trifft sie auch außerhalb der Gruppensitzungen persönlich, ermutigt und motiviert sie, am Prozess aktiv teilzunehmen, löst Konflikte . Kooperative Planung hat nur Erfolg, wenn alle Akteur*innen die gesamte Zeit über aktiv mitwirken. Treffen und Planungsschritte finden nur dann statt, wenn Menschen aus den Zielgruppen dabei sein können.

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