Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich
Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich
Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich

Verstetigung in Rostock

Stadt finanziert hauptamtliche Stellen weiter

Kommune Inklusiv Rostock geht nach Ende der Aktion Mensch-Förderung weiter: Die Stadtverwaltung gibt Geld für insgesamt eineinhalb hauptamtliche Koordinations-Stellen. Genehmigt ist die Finanzierung für zunächst zwei Jahre. Der bisherige Träger, der Caritasverband Erzbistum Hamburg, Region Rostock, setzt die Initiative unter gleichem Namen weiterhin um. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung wird die Caritas das Rostocker Netzwerk für Inklusion erweitern, Projekte weiterführen und mit Netzwerk-Partner*innen neue Maßnahmen entwickeln.

Drei Mitarbeiter*innen als Ansprechpartner*innen im Inklusionsbüro

Seit Januar 2024 arbeiten der bisherige Koordinator Erik Ortlieb und die Projekmitarbeiterin Judith Stolle nahtlos weiter. Im März 2024 ist die neue Kollegin Jacqueline Köhler dazu gekommen. Die drei Inklusions-Expert*innen teilen sich die eineinhalb Stellen.

Auch der Anlaufpunkt für Inklusions-Anliegen bleibt erhalten: Das Kommune Inklusiv-Team arbeitet weiterhin vom Inklusionsbüro in Rostock Mitte aus. Während der Laufzeit der Modellinitiative nutzten Kommune Inklusiv-Netzwerkpartner*innen, weitere Inklusions-Akteur*innen und Bürger*innen den Raum zum Austausch, für Besprechungen und Veranstaltungen oder kamen mit Fragen, Anliegen und Ideen vorbei.

Eine Frau und ein Mann haben ein Headset auf dem Kopf und nehmen an einer Video-Konferenz am Laptop teil.

Geld vom Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

Das Geld für die Koordinations-Stellen kommt aus dem Haushalt des Senators für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Steffen Bockhahn. Der Senator war Schirmherr der Modellinitiative. Die Kommune Inklusiv-Stellen werden aus dem gleichen Haushaltstopf bezahlt, aus dem auch soziale Beratungsstellen finanziert werden. Über das Geld für Kommune Inklusiv Rostock konnte die Verwaltung deshalb direkt entscheiden. Zusammenarbeiten wird das Kommune Inklusiv-Team mit dem Amt für Soziales und Teilhabe, das zum Senatsbereich gehört.

Frühzeitig den Kontakt zur neuen Oberbürgermeisterin gesucht

Das Kommune Inklusiv-Team pflegte fortlaufend Kontakte in die Verwaltung. So unterstützte unter anderem die Leitung des Amtes für Soziales und Teilhabe die Modellinitiative und warb auf Veranstaltungen für Kommune Inklusiv. Amtsleiterin Anika Leese sieht in Kommune Inklusiv einen großen Mehrwert für die Stadt: Die Initiative habe es geschafft, Ansprechpartnerin für alle zu sein.

Im Herbst 2022 wählte Rostock eine neue Oberbürgermeisterin. Das damalige Kommune Inklusiv-Koordinationsteam bat Eva-Maria Kröger direkt um ein Gespräch, redete auf Veranstaltungen mit ihr, holte sie als Gast in ihren Inklusions-Podcast . Auf diese Weise war die Modellinitiative bei der Oberbürgermeisterin präsent. Als es 2023 darum ging, wie es mit Kommune Inklusiv weitergeht, unterstützte sie das Vorhaben, Geld aus dem Haushalt dafür zur Verfügung zu stellen. Sozialsenator Bockhahn und der Caritas-Regionalleiter in Rostock Andreas Meindl führten daraufhin mehrere Gespräche und einigten sich auf die Finanzierung.

Projekte für die Zielgruppen laufen weiter

Eine Aufgabe des Kommune Inklusiv-Teams ist es, Maßnahmen weiter zu begleiten, die während der Modellinitiative starteten. So läuft das Projekt Übergangsmanagement weiter. Es richtet sich an Menschen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten und in Rente gehen. Trägerin des Projekts ist die Kommune Inklusiv-Netzwerkpartnerin Neue ohne Barrieren gGmbH . Sie bietet Maßnahmen zur Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens für Menschen mit Behinderung an.

Unterstützung für Rentner*innen aus Werkstätten

Das Team vom Übergangsmanagement unterstützt Beschäftigte aus der Werkstatt beim Übergang vom Job in die Rente und bereitet sie auf das Leben nach der Arbeit vor. Beispielsweise indem das Projektteam gemeinsam mit ihnen Freizeitangebote in ihrem Viertel recherchiert, mit ihnen spazieren, ins Kino oder in den Zoo geht und sie bei Behördengängen unterstützt. Menschen aus den Werkstätten können sich jederzeit an das Team wenden, auch die, die bereits in Rente sind. Die Erfahrung des Projektteams: Es ist eine große Herausforderung, an die Menschen mit Behinderung in den Werkstätten heranzukommen. Möglich wurde der Zugang unter anderem über die Werkstatträte, die Vertretungen der Mitarbeiter*innen mit Behinderung.

Drei Menschen sitzen in einem Straßencafe, zwei davon sitzen in einem Elekro-Rollstuhl.
Guido Dobbert sitzt in einem E-Rolli am Strand, hinter ihm ist das Meer zu sehen.

„Ich habe als Pförtner bei einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gearbeitet. Seit 2011 bin ich in Rente. Ich bin zur Rentenstelle gefahren und die haben mir ausgerechnet: Sie sind durch, Sie können in Rente gehen. Ich lebe bei meiner Mutter, mein Vater ist verstorben. In einer Broschüre habe ich gelesen, dass Axel Becker der richtige Ansprechpartner ist, wenn man mal spazieren gehen will, sich mal aussprechen will oder um mit zu einer Behörde zu gehen. Das fand ich gut. Ich wollte mich für den Notfall um einen Pflegeplatz im Heim für mich kümmern. Also habe ich ihn angerufen, damit er mir ein bisschen mit der Materie hilft. Es hat ganz schön geholfen, dass jemand mitkommt zum Gespräch im Heim. Jemand, der sich auskennt mit der Materie und mit Anträgen für Menschen mit Behinderung. Denn wenn man allein hingeht, dann lässt man sich besabbeln und kommt nicht so schnell mit. Die Leute reden im Fachjargon, dann ist man überfordert und dann hat man etwas abgesegnet, das man gar nicht verstanden hat. Ich würde allen empfehlen, sich diese Hilfe zu holen.“

Guido Dobbert, 52 Jahre

„Ich bin seit einem Jahr in Rente. Mir geht es damit gut. Das Unterstützungs-Angebot finde ich gut. Wir gehen manchmal spazieren. Wir waren auch im Kino. Es war ein lustiger Film, er hat mir gefallen. Ich gehe jetzt immer am Donnerstag kegeln. Ich lebe allein. Ich würde das Angebot vermissen, wenn es das nicht mehr geben würde. Denn jetzt kann ich jederzeit anrufen, wenn ich nicht richtig Bescheid weiß.“

Dietmar Möwius, 65 Jahre

Voraussetzung für alle Projekte: Partizipation

Hilfreich für den Zugang ist auch, dass sich für das Übergangsmanagements-Projekt ein Beirat gegründet hat: unter anderem mit Vertreter*innen von Kommune Inklusiv, aus der Stadtverwaltung und aus den Werkstatträten. Der Beirat ist somit eine Möglichkeit der Partizipation. Für das Kommune Inklusiv-Team ist Partizipation der Zielgruppen Voraussetzung für alle laufenden und künftigen Projekte.

Inklusive Freizeitangebote für Jugendliche

Das gilt auch für Angebote wie das inklusive Jugendcamp, das ebenfalls weitergeht. Jugendliche mit und ohne Behinderung fahren gemeinsam für ein paar Tage weg. Sie organisieren das Camp selbst und treffen sich auch außerhalb des Camps: zu Koch-Abenden, im Hochseilgarten oder zum Minigolfspielen. Projektträger sind die Caritas Rostock und das Rostocker Freizeitzentrum. Möglicherweise ist das Camp künftig nicht mehr kostenfrei. Manche Jugendliche können sich die Teilnahme dann möglicherweise nicht mehr leisten. Das Kommune Inklusiv-Team sucht zurzeit nach Finanzierungslösungen. In Einzelfällen können die Jugendlichen Unterstützung von der Stadt über das Förderpaket „Bildung und Teilhabe“ bekommen.

Eine Gruppe von Menschen sehen in die Kamera.

Kommune Inklusiv-Team als Vernetzer*innen für Inklusion

Während der Modellinitiative haben die Kommune Inklusiv-Koordinator*innen sich zu Berater*innen und Vernetzer*innen für Inklusion entwickelt, schwerpunktmäßig in den Bereichen Tourismus, Freizeit und Sport. So beraten sie beispielsweise das Tourismus-Unternehmen AIDA zu Barrierefreiheit. Gemeinsam mit den zuständigen Ämtern bei der Stadt hat Kommune Inklusiv den Basketballverein Rostock Seawolves unterstützt, die deutschlandweit erste inklusive Basketballmannschaft zu gründen . Unter dem Namen Rostock WeWolves spielen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Basketball. Das Team von Kommune Inklusiv sieht seine Rolle auch weiterhin darin, Ideen von vielen verschiedenen Akteur*innen, Vereinen und sozialen Trägern aus Rostock aufzugreifen, mit umzusetzen und zu unterstützen. Sie wollen Inklusionsprojekte begleiten und beraten, unter anderem bei der Förderung.
Menschen mit und ohne Behinderung, einige sitzen im Rollstuhl, einige haben eine Uniform an
Das inklusive Beratungsteam für das Tourismus-Unternehmen AIDA (Foto: AIDA)
Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung sitzen an einem Tisch und arbeiten gemeinsam,.

Neue Aufgaben-Verteilung und unterstützendes Begleit-Gremium

Das Kommune Inklusiv-Team spricht mit den Verantwortlichen im Amt für Soziales und Teilhabe ab, wer genau welche Rollen übernimmt und wer für welche Aufgaben zuständig ist. In der ersten Jahreshälfte 2024 stellen die Kommune Inklusiv-Koordinator*innen ein Begleit-Gremium zusammen, mit Vertreter*innen von Verbänden, Vereinen und Organisationen aus verschiedenen Lebensbereichen und mit Menschen aus verschiedenen Zielgruppen. Das Gremium soll eng mit den Koordinator*innen zusammenarbeiten und Ansprechpartner für sie sein. Es soll außerdem Politik, Verwaltung und Wirtschaft zum Thema Inklusion beraten.

Was das Finanzielle betrifft, so muss die Caritas als Trägerin von Kommune Inklusiv der Stadtverwaltung nun jährlich einen Rechenschaftsbericht vorlegen. Außerdem muss sie, auch wenn die Finanzierung für zwei Jahre genehmigt ist, jedes Jahr einen Antrag stellen für das Geld aus dem Fördertopf für Beratungsstellen. „Die Stadt prüft jährlich, ob sie die Kosten für die Kommune Inklusiv-Stellen nach den Förderbedingungen anerkennt oder nicht“, erklärt Caritas-Regionalleiter Andreas Meindl. Er ist zuversichtlich, dass diese Finanzierung auch in den kommenden Jahren möglich ist und Kommune Inklusiv Rostock weitergeht.

Erfolgs-Faktoren in Rostock

Rolle als Berater*innen für Inklusion eingenommen

Die Koordinator*innen sind zu Expert*innen und Ansprechpartner*innen für Partizipation, Barrierefreiheit und Inklusion geworden und haben sich auf diese Weise einen Namen bei Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden gemacht.

Als Vernetzer*innen Inklusionsprojekte ermöglicht

Das Kommune Inklusiv-Team nutzt das Engagement vor Ort und bringt die richtigen Partner*innen zusammen. Ideen und Projekte werden so mit weniger Aufwand möglich.

Vorhandene Initiativen unterstützt und Öffentlichkeit bekommen

Ob inklusiver Strandkorb, inklusives Segeln oder Ehrenamtsball , Kommune Inklusiv Rostock unterstützt bestehende Projekte mit eigenen Ressourcen. Dadurch bekommen sowohl Kommune Inklusiv als auch die Projekte und Veranstaltungen zusätzliche Aufmerksamkeit.

Frühzeitig und dauerhaft Kontakte in die Verwaltung gepflegt

Der Sozialsenator, die Leiterin des Amts für Soziales und Teilhabe, die neue Oberbürgermeisterin - sie stehen hinter Kommune Inklusiv. Die Koordinator*innen machen Gesprächstermine, laden sie zu Veranstaltungen ein und beziehen sie in ihre Öffentlichkeitsarbeit ein, beispielsweise über Soziale Medien und in Podcasts.

Flexibel auf Bedingungen und Möglichkeiten im Sozialraum reagiert

Gestartet war Kommune Inklusiv Rostock mit vielen Maßnahmen im Bereich Bildung für Menschen mit Behinderung, Jugendliche und Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Im Laufe der Initiative stellte sich heraus, dass Maßnahmen in anderen Lebensbereichen und mit weiteren Zielgruppen wirksamer wären. Nun hat Kommune Inklusiv in den Bereichen Tourismus, Freizeit und Sport zu mehr inklusiven Strukturen beigetragen.

Das sagt das Kommune Inklusiv-Team aus Rostock

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