Erlangen: Kommune Inklusiv endet, Inklusionsarbeit geht weiter
Die lautet: Das Team von Kommune Inklusiv hat viel erreicht und zusammen mit den Menschen aus Erlangen ein gutes Fundament für die weitere inklusive Arbeit vor Ort geschaffen. Diese Arbeit soll 2024 fortgesetzt werden – allerdings nicht mehr unter Leitung des Zentrums für selbstbestimmtes Leben e.V. (ZSL). „Wir haben in den letzten Jahren bestimmte Themen und Zielgruppen in den Fokus gerückt. Diese werden nun teilweise von Netzwerkpartner*innen übernommen“, erklärt die ehemalige Projektkoordinatorin Ina Fischer.
Mehr Sensibilität für die Themen Einsamkeit und Hörbehinderung
In den Jahren des Modellprojekts liefen alle Aktivitäten beim ZSL zusammen. Ina Fischer merkt, dass durch Kommune Inklusiv Themen wie Einsamkeit oder Hörbehinderung präsenter sind als früher: „Die Menschen sprechen viel mehr über Einsamkeit. Das Thema ist durch die Corona-Pandemie für Menschen jeden Alters relevant geworden.“
Mit Ende von Kommune Inklusiv führt die Netzwerkpartnerin Gesundheitsregion Plus den Arbeitskreis gegen Einsamkeit und die entwickelten Maßnahmen weiter. Das Projekt Gesundheitsregion Plus vernetzt die Kommunen des Landkreises Erlangen-Höchstadt und die Stadt Erlangen beim Thema Gesundheit. Die Akteur*innen im Arbeitskreis gegen Einsamkeit haben unter anderem eine umfassende Liste mit Begegnungsorten und -angeboten in Erlangen erstellt. Nun arbeiten sie an Wegen, diese Liste zu verteilen und die vielfältigen Angebote bei Menschen aus der Zielgruppe bekannt zu machen.
Ina Fischer hat außerdem den Eindruck, „dass die Gehörlosenkultur näher an die hörende Kultur herangewachsen ist.“ Sarah Schenk, bis Ende Dezember 2023 zweite Koordinatorin von Kommune Inklusiv, pflichtet ihrer ehemaligen Kollegin bei: „Präsenz und Teilhabe der Gehörlosen-Community sind deutlich gestiegen, vor allem durch gemeinsame Maßnahmen mit dem Gehörlosenverein. Wir haben zum Beispiel ein Dinner in Silence organisiert, also ein Abendessen in Stille, mit Gebärdensprachkurs.“
Prozesse in Stadtteilen angestoßen
Kommune Inklusiv hat Prozesse angestoßen, die in den Stadtteile wirken sollen. Eine Idee war, dass im Stadtteil Büchenbach eine Anlaufstelle für Bürgeramt-Services direkt im Quartier entsteht. Das Ziel: Die Menschen können diese Anlaufstelle einfacher erreichen als das Rathaus im Zentrum. In und um Büchenbach lebt mittlerweile immerhin ein Fünftel der Erlanger Einwohner*innen. Kommune Inklusiv und weitere Akteur*innen aus dem Stadtteil brachten diese Idee in Verwaltung und Politik ein, sie kommunizierten mit Vertreter*innen vom Bürgeramt und aus dem Stadtrat. Die Stadt lehnte die Idee allerdings ab und verwies auf die Möglichkeit, digitale Dienstleistungen zu nutzen. Fazit der Akteur*innen aus Büchenbach: „Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen.“
Rechte-Projekt startet im Frühjahr 2024
Das Team von Kommune Inklusiv Erlangen hat im Projektverlauf festgestellt, dass viele Menschen mehr über ihre Rechte wissen sollten. „Uns ist bewusst geworden, dass inklusive Sozialraumentwicklung nur dann richtig funktionieren kann, wenn die Menschen vor Ort wissen, welche Rechte sie haben“, sagt Ina Fischer. „Beim Bundesteilhabegesetz stoßen viele auf Kommunikations- und Informationsbarrieren.“Das Bundesteilhabegesetz sei so kompliziert geschrieben, dass viele Menschen es nicht richtig verstünden. Ein Beispiel: Menschen, die in einer betreuten Einrichtung wohnen, gestalten ihre Freizeitaktivitäten meistens zusammen mit ihrer Wohngruppe. Dabei haben sie gesetzlich das Recht, auch allein ihre Freizeit zu verbringen, zum Beispiel ins Kino zu gehen. Betreuer*innen geben diese Regelung aus dem Bundesteilhabegesetz nicht immer an die Bewohner*innen weiter.
Ina Fischer hat mit dem ZSL deshalb ein Rechte-Projekt entwickelt, das von der Aktion Mensch gefördert wird und im Frühjahr 2024 offiziell startet. Ziel ist es, künftig umfassend zum Thema Recht aufzuklären und Menschen an Beratungsstellen zu vermitteln. Sie sollen die juristischen Möglichkeiten kennenlernen, die ihnen zustehen, und ermutigt werden, die Möglichkeiten zu nutzen. Zudem sollen Vertreter*innen von Verwaltung und juristisches Fachpersonal für das Thema Behinderung sensibilisiert werden.
Inklusion beginnt bei der inneren Haltung
Kommune Inklusiv Erlangen hat erreicht, dass das Thema Inklusion mehr Aufmerksamkeit erfährt. Der weite Inklusionsbegriff habe sich im Bewusstsein der Erlanger*innen verankert, sagt Ina Fischer. Das heißt: Viele Menschen wissen, dass Inklusion sich nicht ausschließlich auf Menschen mit Behinderung bezieht, sondern darauf, dass alle Menschen gleichberechtigt am Leben vor Ort teilhaben können.Diese Arbeit an der inneren Haltung der Menschen ist für Ina Fischer das wichtigste, um die Gesellschaft dauerhaft inklusiver zu machen: „Zuerst muss sich die Haltung zu Inklusion verändern, dann können sich Strukturen verändern.“ Kommune Inklusiv habe viel zu diesem Bewusstsein vor Ort beigetragen.