Neue Netzwerkkoordination in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm
Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Juli 2022
Die Verbandsgemeinde Nieder-Olm war die erste Modellkommune, in der die Initiative Kommune Inklusiv 2017 gestartet ist. In spätestens einem Jahr endet KINO – das steht für Kommune Inklusiv Nieder-Olm. Auf der Zielgeraden hat nun ein neues Team das Projekt übernommen. Die einzelnen Team-Mitglieder stellen sich vor.
Gerlinde Busch (Koordinatorin)
„Ich war Leiterin der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung, bevor ich im Herbst 2021 die Leitung des Zentrums für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) Mainz übernahm. Mit dem neuen Amt bin ich bei Kommune Inklusiv eingestiegen. Besonders toll finde ich, dass der Initiative ein weiter Inklusionsbegriff zugrunde liegt: Dass sie sich nicht nur an Menschen mit Behinderung richtet, sondern an alle Menschen.
Die Arbeit macht mir großen Spaß! Allerdings geht es jetzt auf das Projekt-Ende zu. Wir müssen schauen, wie wir die geschaffenen Strukturen nachhaltig verankern können. Mit einem so engagierten Team, wie wir es vor Ort haben, schaffen wir das!
Mich begleiten die Themen Inklusion und Barrierefreiheit schon mein ganzes Leben. In den sechziger und siebziger Jahren war es mit Sehbehinderung kaum möglich, eine Regelschule zu besuchen. Deshalb bin ich auf eine Blindenschule gegangen. Die war der Inbegriff von Exklusion – das ganze Gelände war von einer Mauer umgeben. So etwas darf es nie wieder geben. Seit Mitte der achtziger Jahre engagiere ich mich deshalb in der Behindertenbewegung. Wenn ich mich nicht gerade für Inklusion einsetze, bin ich draußen in der Natur. Ich habe viel Freude an Gartenarbeit und wandere gern.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir gemeinsam eine lebenswertere Gesellschaft für alle schaffen. Eine, die von Teilhabe, Menschlichkeit und sozialer Gerechtigkeit geprägt ist."
Ute Schwarz-Presber (Koordinatorin)
„Ich arbeite seit vier Jahren beim ZSL in Mainz. Seit Frühling 2022 teile ich mir mit Gerlinde Busch die Koordination von Kommune Inklusiv. Das Projekt bildet ein wunderbares Gegengewicht zu den Entwicklungen, die es momentan in Deutschland gibt. Es fördert Vielfalt, es fördert Gemeinschaft, es fördert Demokratie.
Mich beeindrucken Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren und einen Beitrag zum Wohle aller leisten. Wie etwa der Sozialmediziner Gerhart Trabert, der sich für obdachlose Menschen einsetzt. Er fährt mit einem Arztmobil durch das Land und behandelt obdachlose Menschen, die nicht krankenversichert sind. Außerdem hat er den Verein ‚Armut und Gesundheit’ gegründet. Menschen aus meinem persönlichen Umfeld inspirieren mich aber genauso. Ein befreundetes, kinderloses Ehepaar hat vor zehn Jahren zwei Pflegekinder aufgenommen. Es hat sie erleben lassen, wie es ist, eine unterstützende Familie zu haben. Jetzt sind beide Kinder volljährig und die Pflegeeltern haben den Kindern angeboten, sie zu adoptieren.
Ich wünsche mir, dass wir uns künftig wieder mehr wirklich füreinander interessieren, ins Gespräch miteinander kommen. Dass wir uns zuhören, ohne direkt zu bewerten und zu urteilen. Und dass dadurch wieder mehr Diskurs möglich wird. Wir scheinen es verlernt zu haben, intensiv über eine Sache zu diskutieren, ohne es persönlich zu nehmen. Außerdem wünsche ich mir, dass unsere Gesellschaft Anderssein und Vielschichtigkeit nicht mehr als Bedrohung, sondern als Bereicherung sieht.“
Tamara Dell (Mitarbeiterin)
„Ich bin seit 2011 beim ZSL angestellt und nach und nach in das Projekt Kommune Inklusiv reingeschlittert. Hier kümmere ich mich um den Bildungstreff Känguru. Das heißt, dass ich verschiedenste Angebote für Menschen mit Lernschwierigkeiten organisiere. Zum Beispiel Englisch-Abende, Picknicks oder kreative Tätigkeiten wie Basteln oder Malen. Wenn ich nicht für Inklusion im Einsatz bin, mache ich es mir zu Hause gemütlich. Ich gehe auch gerne mit meinem Hund spazieren, mag es generell, mit Tieren zusammen zu sein. Und natürlich mit guten Freunden.
Kommune Inklusiv ist ein einzigartiges Projekt. Es setzt sich für die Leute ein, die mit großen Herausforderungen im Alltag konfrontiert sind. Gleichzeitig gibt es viele Angebote, bei denen alle mitmachen können.
Menschen, die ihr Leben trotz großer Herausforderungen meistern, beeindrucken mich. Zum Beispiel die frühere Kommune Inklusiv-Koordinatorin und ehemalige Leiterin des ZSL, Gracia Schade. Oder auch eine Freundin und Vertraute von mir, die leider kürzlich verstorben ist. Sie hatte starke Teilhabe-Einschränkungen, doch die hat sie so angenommen, wie sie waren. Sie war abenteuerlustig und ein sehr lebensfroher Mensch. Das hat mich maßgeblich geprägt.
Was ich mir für die Zukunft wünsche: mehr Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. So ein Zusammenhalt, wie er zwischen den einzelnen Trägern bei Kommune Inklusiv besteht. Die Arbeit zwischen ZSL, der Verbandsgemeinde Nieder-Olm und der Aktion Mensch läuft sehr gut und wertschätzend.“
Andreas Cezanne (Mitarbeiter)
„Auf Kommune Inklusiv wurde ich zufällig aufmerksam: Ich habe die Anzeige für meine jetzige Stelle im Internet gesehen. Das Projekt hat direkt mein Interesse geweckt, weil ich während des Studiums in Freiburg als Sportleiter im schweizerischen Behindertensportverband aktiv war. Die Disziplinen waren damals in Wochenkursen organisiert. Zu den Kursen kamen Menschen jeden Alters mit verschiedensten Einschränkungen. Diese Zeit war sehr prägend für mich. Ich habe aufgehört zu fragen, was nicht geht. Ich frage seitdem: Was geht?
Jetzt unterstütze ich Kommune Inklusiv für vier Stunden die Woche. Ich gebe einen Englischkurs für Menschen mit Lernschwierigkeiten in einfacher Sprache. Die Teilnehmer*innen und ich gehen gemeinsam und spielerisch Wortfelder durch oder machen Hör-Übungen. Außerdem organisiere ich momentan gemeinsam mit dem Turnverein Klein Winternheim eine Sportveranstaltung für alle, die im September 2022 stattfinden soll.
Wenn ich gerade nicht für Inklusion im Einsatz bin, habe ich auch selbst viel Spaß am Sport. Ich bin aktiver Läufer. Ansonsten genieße ich das Familienleben.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir als ganze Gesellschaft unseren Blick umkehren. Dass wir anstatt auf Unterschiede zu schauen und zu fragen, was Menschen anders macht, schauen, was wir gemeinsam haben. Was zusammen machbar ist.“