Wenn Manuela und Luisa* sich treffen, schließt Manuela immer zuerst die Zimmertür ab. Dann legt sie ein erotisches Hörbuch auf. Luisa schaut ihr vom Liegerollstuhl aus zu. Sie wartet, bis Manuela sich zu ihr setzt. „Dann schließt sie die Augen, sagt mir, was sie sich wünscht, und genießt“, erzählt Manuela. Sie und Luisa sind kein Paar. Die schmale Frau, helle Augen und hellbraunes Haar, arbeitet als Sexualbegleiterin für Frauen und Männer mit Behinderung. Sie nimmt sich Zeit für sie. Sie redet, streichelt und stimuliert. Manchmal schläft sie mit ihren Klient*innen.
Kennengelernt haben sich die beiden Frauen auf einem Erotikwochenende des „Instituts zur Selbst-Bestimmung Behinderter“ (ISBB) in Trebel. Luisa, deren Arme und Beine spastisch gelähmt sind, war damals 23 Jahre alt. Sie wollte endlich mit ihrem Freund schlafen. Manuela assistierte dem Paar. Luisa merkte, dass sie generell unzufrieden war mit ihrem Sexualleben: „Als Manuela mir irgendwann von Selbstbefriedigung erzählte, sagte ich: Das habe ich zwar noch nie gemacht. Aber mit deiner Hilfe würde ich es gerne ausprobieren.“
Eine junge Frau ist auf der Suche nach Sexualität, nach Erfüllung, nach Zuneigung und Geborgenheit. Eigentlich etwas ganz Natürliches. Doch Sexualität von Frauen und Männern mit Behinderung ist immer noch ein Tabuthema. Um Selbstbestimmung müssen viele nach wie vor kämpfen. Allerdings gibt es bereits eine lockere Szene aus Angebot und Nachfrage: Zum Beispiel Partys und Kontaktbörsen für Menschen mit Behinderung. Oder therapeutische Erotikworkshops, Sexualbegleiter*innen und Bordelle, die ihr Angebot auf Freier mit Körperbehinderung ausgerichtet haben.