Jugendliche heute
Erwachsen werden in unsicheren Zeiten
Beim Thema Jugend schwärmen viele Menschen von Abenteuer und Freiheit. Aber die Jugend ist schon längst keine unbeschwerte Zeit mehr. Immer früher planen Jugendliche heute ihre Zukunft. Nichts soll zufällig passieren. Viele Jugendliche haben Sorgen. In unserer Gesellschaft muss man immer mehr Leistung bringen. Außerdem muss man sehr flexibel sein. Viele Jugendliche denken, dass sie das nicht schaffen können. Sie haben Angst, zu versagen. Vor allem Jugendliche aus armen Elternhäusern sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb ist es schwierig für Jugendliche, sich frei zu entfalten.
Digitalisierung wird immer wichtiger. Sie macht vieles schneller und unübersichtlicher. Die Jugend wächst in einer unsicheren Zeit heran. Die Ordnung der Welt ändert sich. Es gibt Terrorismus, Fanatismus und Klimawandel. Viele Menschen flüchten aus ihrer Heimat. Es gibt Kriege, Pandemien wie Corona, Natur-Katastrophen, Ungerechtigkeit und Armut auf der Welt. Von diesen Themen hört man ständig etwas.
Tobias Köck war bis 2021 Vorsitzender beim Bundesjugendring. Das ist eine Arbeitsgemeinschaft der deutschen Jugendverbände. Tobias Köck meint: „Junge Menschen stehen unter Druck. Alle wollen etwas von ihnen. Zum Beispiel die Schule, die Arbeitgeber oder die Uni. Und außerdem muss noch die Welt gerettet werden. Das belastet die Jugendlichen.“
Professor Gudrun Quenzel hat mitgeschrieben an der Shell-Studie „Jugend 2015“. Das ist eine wissenschaftliche Untersuchung über die Jugendlichen von heute. Gudrun Quenzel meint: Jugendliche denken heute anders als früher. Sie überlegen immer: Was ist gut für mein späteres Leben? Das tun sie dann. Allerdings ist das oft schwierig. Weil viele Entscheidungen so kompliziert sind. Und weil man oft nicht abschätzen kann, welche Folgen eine Entscheidung haben wird.
Jugendliche können kaum noch etwas ausprobieren
Viele Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren gehen ins Ausland. Vor allem Jugendliche mit gebildeten Eltern tun das. Sie machen beim Schüleraustausch mit. Oder sie machen ein Praktikum im Ausland. Oder sie studieren im Ausland. Junge Menschen tauschen sich viel über soziale Medien aus. Das tun sie auch in Fremdsprachen und mit Menschen im Ausland. Digitale Medien gehören zur Arbeitswelt. Und sie gehören zum Privatleben. Digital und flexibel zu arbeiten: Das ist heute eine Voraussetzung für den Job. Deshalb haben Jugendliche mit gebildeten Eltern heute schon viele Termine. Sie haben kaum noch Zeit für anderes. Sie können kaum noch etwas ausprobieren. Sie können kaum noch andere Erfahrungen machen. Deshalb ist es für Jugendliche schwieriger geworden, Selbstvertrauen zu entwickeln.
Jugendliche interessieren sich für die Umwelt und für politische Themen. Allerdings interessieren sie sich nur wenig für Parteien und Gewerkschaften. Jugendliche machen oft mit bei Online-Petitionen. Das sind Forderungen an eine Behörde oder an Politiker. Diese Forderungen reicht man über das Internet ein. Auch bei politischen Themen werden digitale Medien immer wichtiger. Junge Menschen reagieren darauf unterschiedlich. Manche wollen gar nichts von Politik hören. Andere wollen sich einmischen. Sie wollen die Welt besser und gerechter machen.
Für Jugendliche hängt sehr viel von ihren Eltern ab. Wenn es den Eltern wirtschaftlich gut geht, sind Jugendliche zuversichtlicher. Sie glauben dann eher, dass sie gute Chancen im Leben haben. Jugendliche aus armen Elternhäusern glauben das seltener. Die Shell-Studie zeigt: Jugendliche aus armen Elternhäusern bekommen seltener ihren Wunsch-Beruf. Das schafft nur jeder Zweite. Das gleiche gilt für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind Jugendliche, deren Eltern oder Familien aus dem Ausland eingewandert sind. Auch für junge Menschen mit Behinderung ist es schwierig, gute Bildung zu bekommen. Auch gute Jobs bekommen sie seltener. Die meisten Schulen sind nicht inklusiv. Das heißt: Schüler mit und ohne Behinderung können an vielen Schulen nicht gut gemeinsam lernen.
Jugendliche selbstbewusst machen
Junge Frauen spüren, dass sie immer noch nicht gleichberechtigt sind. Die Gesellschaft schreibt Frauen immer noch bestimmte Rollen zu. Es gibt wieder mehr offenen Sexismus. Das bedeutet: Frauen werden wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Im Internet sind Darstellungen von Sex-Praktiken leicht zu finden. Es gibt Dating-Apps. Damit kann man sich übers Internet verabreden. Das verstärkt den falschen Eindruck: Sex ohne Romantik oder ohne Partnerschaft ist ganz normal.
Junge Menschen leben heute in einer vielfältigen Gesellschaft. Es gibt Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Es gibt traditionelle Familien mit Mutter, Vater und Kindern. Und es gibt Patchwork-Familien. Das sind Familien, in denen auch Kinder aus früheren Beziehungen der Eltern leben. Manche Menschen sind gläubig. Andere sind das nicht. Jugendliche leben in einer Zeit, in der digitale Medien wichtig sind. Jugendliche sind sehr oft online. Denn sie wollen nichts verpassen. Doch das verursacht auch Stress. Jugendliche nutzen digitale Medien, um zu spielen. Sie informieren sich darüber. Sie laden Videos und Fotos von sich hoch. Damit stellen sie sich selbst dar. Durch digitale Medien werden Jugendliche oft auch gemobbt. Pädagogen und Lehrer können damit oft nicht gut umgehen. Jugendliche leben heute in einer Welt mit sehr vielen Möglichkeiten. Deshalb ist es nicht leicht für Jugendliche, sich zu orientieren. Sicher ist nur, dass nichts sicher ist.
Wie soll man damit umgehen? Gudrun Quenzel meint: Man muss Jugendlichen helfen, selbstbewusst zu werden. Man muss ihnen helfen, Entscheidungen treffen zu können. Und man muss das Interesse wecken, immer weiter zu lernen. Und Neues zu entdecken. Tobias Köck vom Bundesjugendring meint: Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume. Das heißt: Sie müssen machen können, was ihnen wichtig ist. Es gibt schon Projekte, die das fördern. Solche Projekte gibt es an Schulen und in der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Projekte fördern die Persönlichkeit von Jugendlichen. Dabei spielen die Herkunft und das Elternhaus keine Rolle. Auch das Geschlecht zählt nicht. Auch eine Behinderung ist nicht wichtig. Wenn Jugendliche solche Vielfalt erleben, ist das sehr wichtig für sie. Denn auch unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger.
Die Bewegung „Schule im Aufbruch“ setzt sich auch für Vielfalt ein. Maria Schmidt ist Schulleiterin an der Gesamtschule Oyten. Sie macht mit bei der Bewegung „Schule im Aufbruch“. Sie meint: Jugendliche sollen ihre Talente entfalten können. Sie sollen sinnvoll finden, was sie lernen. So können Jugendliche auch besser eigene Ideen einbringen. Deshalb arbeitet die Gesamtschule Oyten themen-orientiert. Das bedeutet: Im Unterricht wählen Schüler Projekte nach ihren Interessen aus. Sie können bei vielen Fragen mit entscheiden.
Das ist ein Beispiel dafür, wie man junge Menschen stark machen kann für die Welt von morgen. Jugendliche haben ein Interesse an Politik. Das sollte man nutzen. Man sollte Jugendliche ernst nehmen. Sie müssen Dinge ausprobieren dürfen. Das betrifft die Schule und die Freizeit. Schulen sollten keinen Schüler zurück lassen. Jeder soll nach seinen Möglichkeiten gefördert werden. So lernen die Jugendlichen wichtige Themen kennen: Zum Beispiel Einfühlungsvermögen. Das heißt: Zu verstehen, wie andere Menschen denken und fühlen. Sie entwickeln Team-Geist. Sie sind zuversichtlicher. Und sie bringen sich stärker für die Gesellschaft ein.