Menschen mit Behinderung als Bildungsfachkräfte an Hochschulen
Im Jahr 2013 entwickelte das Kieler Institut für Inklusive Bildung (IIB) im Rahmen eines Modellprojekts die Qualifizierung zur Bildungsfachkraft: Menschen, die bisher in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen arbeiteten, wurden zu qualifizierten Fachkräften ausgebildet. Nach einer dreijährigen Vollzeit-Qualifizierung arbeiten nun sechs ehemalige Werkstattbeschäftigte als festangestellte Dozent*innen an der Hochschule. Als Expert*innen für Behinderungserfahrungen und Botschafter*innen für Inklusion teilen sie ihr Wissen mit den Studierenden.
Ein erfolgreiches Konzept, das seitdem bereits auf mehrere Hochschulstandorte in Deutschland übertragen wurde. Hier erfahren Sie mehr über das Modellprojekt und die laufenden Projekte in Nürnberg und Hamburg, die in enger Zusammenarbeit mit dem IIB umgesetzt werden.
Kiel: Modellprojekt mit Vorbildfunktion
Ziele
Das Kieler Modellprojekt zeigt, wie Menschen mit Behinderungen als kompetente und leistungsfähige Fachkräfte erfolgreich in eine akademische und berufliche Umgebung integriert werden können. Gleichzeitig werden im Miteinander auf Augenhöhe gesellschaftliche Vorurteile und Stereotypen abgebaut. Durch Bildungsangebote, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zugeschnitten sind, entsteht so eine inklusivere und gerechtere Bildungslandschaft, in der alle Menschen ihre Potenziale entfalten und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Drei zentrale Ziele bilden den Kern des Projekts:
- Qualifizierung zur Bildungsfachkraft:
Menschen mit Behinderung werden zur Bildungsarbeit befähigt, indem sie lernen, ihre originären Kompetenzen gezielt einzusetzen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein und ermöglicht es ihnen, mit ihrer Selbstkompetenz an Hochschulen zu lehren.
- Implementierung der Bildungsarbeit in die Studiengänge:
Nach erfolgreicher Einbindung der Bildungsarbeit in die Studienpläne der Hochschule lernen Studierende und Lehrkräfte unmittelbar von Menschen mit Behinderungen. Die Studierenden bauen Berührungsängste ab und tragen ihre Haltung in ihr Arbeitsfeld und damit in die Gesellschaft.
- Schaffung von festen Arbeitsplätzen:
Die Bildungsfachkräfte werden an einer Hochschule angestellt und erhalten damit einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Wir sensibilisieren für die Lebensrealitäten von Menschen mit Behinderungen und ermöglichen Begegnungen. So stoßen wir einen gesellschaftlichen Wandel an und stärken die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Unsere Vision ist ein gleichberechtigtes Miteinander von Menschen in ihrer Vielfalt.
Institut für Inklusive Bildung (IIB)
Das Institut für Inklusive Bildung hat es sich zum Ziel gesetzt, Inklusion an Hochschulen in Schleswig-Holstein zu lehren, zu leben und gemeinsam weiterzuentwickeln. Dazu zählt seit 2013 die Qualifizierung von Bildungsfachkräften für Inklusion. Im Jahr 2022 wurde das IIB eine zentrale Einrichtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und ist Ansprechpartner für andere Universitäten, die sich auf den Weg machen möchten, selbst Bildungsfachkräfte auszubilden. Die in Kiel entwickelte Qualifizierung wurde bereits an mehreren Standorten durchgeführt.
Lerninhalte im Überblick
Die dreijährige Vollzeitqualifizierung unterteilt sich in fünf Module bzw. Lerneinheiten. Dabei erstreckt sich jeder Baustein über ein Semester (Halbjahr) und endet mit einer Leistungserbringung, wie zum Beispiel mit einem Gespräch, Referat oder einer Präsentation.
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Modul 1 | Arbeit und Bildung
Die Teilnehmenden erhalten ein umfassendes Verständnis von Arbeit und Bildung sowie von der Bedeutung von Schon- und Schutzräumen. -
Modul 2 | Teilhabe
Dieses Modul vermittelt ein umfassendes Verständnis von Teilhabe und gibt einen Einblick ins Eingliederungshilfesystem. -
Modul 3 | Praxis der Bildungsarbeit
Dieses Lernziel unterstützt die Teilnehmenden dabei, ihre Lebensweisen, Lebenslagen und Sichtweisen zu reflektieren und diese an Dritte zu vermitteln. -
Modul 4 | Methoden, Instrumente und Techniken der Bildungsarbeit
Die Teilnehmende erwerben Schlüsselkompetenzen, die sie zur Bildungsarbeit befähigen. -
Modul 5 | Prüfungsmodul
Im letzten Modul wird das erworbene Wissen überprüft.
Folgeprojekte: Ein Modell auf Erfolgskurs
Die Bildungsfachkräfte bereichern den Alltag an der Universität, da Sie als Botschafter*in für Inklusion und Teilhabe die Universität unter anderem durch Lehre und Forschung mitgestalten,betont Gesa Kobs vom Institut für Inklusive Bildung. Umso erfreulicher ist es, dass inzwischen in enger Zusammenarbeit mit dem IIB ähnliche Qualifizierungen zu Bildungsfachkräften in der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg umgesetzt werden. Ein Netzwerk aus Selbstvertretung, Politik, Wissenschaft und Verwaltung ist dabei wichtige Grundlage für ein erfolgreiches Gelingen.
Die Leidenschaft und das Engagement vieler Mitgestalter*innen haben dazu beigetragen, dass das Institut für Inklusive Bildung heute ein wirkungsvolles Beispiel für die Institutionalisierung einer sozialen Innovation darstellt.
Fördermöglichkeiten
Die Projekte an den Hochschulen in Erlangen-Nürnberg und Hamburg werden mit der Aktion Mensch-Förderung "Wege ins Arbeitsleben" umgesetzt. Erfahren Sie mehr zu den Möglichkeiten und Rahmenbedingungen dieses Förderprogramms.
Sie möchten ein ähnliches Projekt umsetzen? Wir unterstützen Sie gern!
Ihre Ansprechpartner*innen bei der Aktion Mensch:
Team Förderung
E-Mail: foerderung@aktion-mensch.de
Ihre Ansprechpartner*in beim IIB:
Gesa Kobs, Geschäftsführerin
E-Mail: kobs@iib.uni-kiel.de